Kinderschutzexperte kritisiert Papst für Missbrauchsaufarbeitung

Papst Franziskus müsste die Missbrauchsaufarbeitung aus Sicht des Kinderschutzexperten und Jesuiten Hans Zollner stärker fokussieren.

Papst Franziskus müsste die Missbrauchsaufarbeitung aus Sicht des Kinderschutzexperten und Jesuiten Hans Zollner stärker fokussieren. „Er hat es leider nicht zu der Priorität Nummer eins seines Pontifikats gemacht“, sagte Zollner im Interview der „taz“ (Samstag). Für Franziskus seien Ökologie und Migration die wichtigsten Themen; das sei bedauerlich, „weil ich glaube, dass das ein Thema sein wird, mit dem sich die Weltkirche noch viele Jahre und Jahrzehnte auseinandersetzen wird“, so der Kinderschutzexperte.

Dennoch würdigte Zollner eine ehrliche Empathie des Papstes, mit der er Missbrauchsopfern begegne sowie seine Bemühungen um das Thema. „Er ist jemand, der das Thema wachgehalten hat, der im rechtlichen Bereich mehr Verschärfungen eingeführt hat als alle seine Vorgänger zusammen.“

Zollner war im März aus der vatikanischen Kinderschutzkommission ausgetreten. Der Safeguarding-Experte hatte dem Gremium mangelnde Transparenz sowie unklare Verantwortlichkeiten vorgeworfen. Die Vereinbarungen über den Auftrag der Kommission seien „schwammig und wenig nachvollziehbar“, kritisierte der Jesuit. „Es bleibt bei Absichtserklärungen, bei denen man nicht weiß, was das eigentliche Ziel ist und wer seine Einhaltung überprüfen soll.“

Problematisch sei auch die Position des Kommissionsvorsitzenden, des Bostoner Kardinals Sean O’Malley. Dessen Amt könne nur dann funktionieren, wenn er sich oft in Rom aufhalte und „wenn er bereit wäre, in den Ring zu steigen“. Insbesondere nach der Unterstellung der Kommission unter die Glaubensbehörde im vergangenen Jahr brauche es einen Vorsitzenden, „der auch stark in Konflikte geht“, erklärte Zollner. „Und das macht Kardinal O’Malley nicht.“

Der US-Erzbischof hatte zuletzt selbst „Wachstumsschmerzen“ bei der Umstrukturierung der Kommission bekannt. Zu Zollners Austritt und Kritik hatte er sich aber „überrascht und enttäuscht“ geäußert.