Eine große Einsamkeit alter Menschen beklagt der Gießener Soziologe Reimer Gronemeyer. Früher hätten alte Menschen in der Familie, in der Kirche und in Vereinen einen Platz gehabt.
Bonn – Eine große Einsamkeit alter Menschen beklagt der Gießener Soziologe Reimer Gronemeyer. Früher hätten alte Menschen in der Familie, in der Kirche und in Vereinen einen Platz gehabt; diese Bezugspunkte fehlten heute oft, erklärte Gronemeyer in einem am Dienstag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Noch nie waren so viele alte Menschen so einsam wie heute.“
Altwerden ist nach seiner Beobachtung auch eine praktisch-alltägliche Herausforderung. Mit 80 Jahren könne schon das Anbringen einer Halogenbirne in der Deckenlampe eine Herausforderung sein. Viele Senioren kämen auch mit Online-Banking nicht klar und würden durch die Digitalisierung gesellschaftlich ausgeschlossen. Wenn in dieser Situation niemand für sie da sei, bleibe ihnen nur „die Flucht ins Heim.“
Gronemeyer fordert, die eigene Einstellung zu ändern. Heute gelte vielfach: „Wenn ich ein Problem habe, kaufe ich mir eine professionelle Dienstleistung – ob es sich um Kinder oder Alte, um den Garten oder die Katze handelt.“ Auch durch den Fachkräftemangel sei dies in Zukunft keine Option mehr. Zudem werde den Babyboomern inzwischen bewusst, dass ihr eigenes Alter nur dann gut sein werde, wenn sie sich sozial engagierten und Kontakte zu Nachbarn und Freunden auf- und ausbauten. – Gronemeyer hat gemeinsam mit Oliver Schultz das Buch „Die Rettung der Pflege. Wie wir Care-Arbeit neu denken und zur sorgenden Gesellschaft werden“ veröffentlicht.
kna
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Reimer Gronemeyer, Oliver Schultz: „Die Rettung der Pflege. Wie wir Care-Arbeit neu denken und zur sorgenden Gesellschaft werden“, Kösel, München 2023, 192 Seiten, 20 Euro.