Fall Pilz: Kindermissionswerk veröffentlicht unabhängige Untersuchung

Das Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘ hat die Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchung zur Amtszeit von Pfarrer Winfried Pilz der Jahre 2000 bis 2010 veröffentlicht.
Das Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘ hat die Ergebnisse einer externen, unabhängigen Untersuchung zur Amtszeit von Pfarrer Winfried Pilz der Jahre 2000 bis 2010 veröffentlicht.

Wilfried Pilz. –Foto: © Stefan Rueben / Kindermissionswerk

Aachen – Das Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘ hat am Donnerstag die Ergebnisse einer unabhängigen Untersuchung zur Amtszeit von Pfarrer Winfried Pilz der Jahre 2000 bis 2010 veröffentlicht. Mit der Untersuchung sollte etwaiges sexuell missbräuchliches Verhalten des ehemaligen Präsidenten in den Blick genommen werden.

Den Angaben zufolge ergeben sich in der Untersuchung keine Anhaltspunkte dafür, dass Pilz während seiner Amtszeit sexuellen Missbrauch an Minderjährigen begangen habe. Es gebe jedoch im Hinblick auf vier erwachsene, (ehemalige) männliche Mitarbeiter des Kindermissionswerks Hinweise auf sexualbezogene Grenzverletzungen durch Pilz, heißt es.

Umgang mit Missbrauchstäter Wintz

In den Ergebnissen der Untersuchung wird demnach deutlich, dass Winfried Pilz über eine große Autorität und Machtfülle verfügte, die keiner wirksamen Kontrolle unterlag. Zudem gab es damals für Mitarbeitende keine niederschwelligen Melde-, Beschwerde- oder Beratungsmöglichkeiten, um Missstände zu melden. Schließlich dokumentiert die Untersuchung, auf welche Schwierigkeiten und Hindernisse Aufarbeitung bis heute in der Kirche stößt.

Die Ergebnisse der Untersuchung enthalten konkrete Empfehlungen für das Kindermissionswerk, die umgesetzt werden sollen. Außerdem sind in der Untersuchung zahlreiche weitere Empfehlungen formuliert, die sich „nicht ausschließlich an das Kindermissionswerk, sondern an alle (richten), die sich mit der Problematik von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt beschäftigen.“

Die Untersuchung beleuchtet auch den Umgang von Pilz und der weiteren Leitung des Kindermissionswerks mit dem aus dem Bistum Aachen stammenden Missbrauchstäter Pfarrer Dieter Wintz. Der Bericht verdeutlicht, dass das Kindermissionswerk die ehrenamtliche Zusammenarbeit mit Wintz nach Missbrauchsvorwürfen bereits im Jahre 2003 hätte beendet müssen. Dies geschah jedoch erst im Jahre 2006.

Mit dieser Untersuchung sei es gelungen, „ein genaues Bild des machtmissbräuchlichen Verhaltens von Winfried Pilz sowie der Faktoren zu zeichnen, die dies ermöglichten. Im Fall Dieter Wintz zeigt sie zudem auf, welche Versäumnisse diesbezüglich zu verantworten sind“, sagte Pfarrer Dirk Bingener, Präsident des Kindermissionswerks.

Empfehlungen der Untersuchung für das Kindermissionswerk werden umgesetzt

Bingener betonte, die Feststellungen im Gutachten müsse nun konkrete Schritte zur Folge haben: „Aufarbeitungsgutachten schließen ja nichts ab, sondern sie fordern die Umsetzung notwendiger Veränderungen ein.“ Das Kindermissionswerk werde die Empfehlungen, wie die Entwicklung eines umfassenden Verhaltenskodexes für Führungskräfte und Mitarbeitende sowie die Überprüfung und den Ausbau von Beschwerde- und Meldewegen, zusätzlich zu unseren bestehenden Maßnahmen forcieren. „Alle Empfehlungen fügen sich gut in die seit 2021 laufenden Modernisierungs- und Professionalisierungsprozesse des Kindermissionswerkes ein“, so Bingener.

Bingener hob auch die weltkirchliche Perspektive hervor: „Wenn ein Täter weltkirchliche Kontakte hatte und Reisen unternommen hat, muss davon ausgegangen werden, dass es auch in den bereisten Ländern Betroffene geben kann. Ein wichtiger Schritt ist deshalb, die dort kirchlich Verantwortlichen über den jeweiligen Sachverhalt zu informieren“, sagte er. In der Folge gehöre dazu auch die Unterstützung der Präventions-, Interventions- und Aufarbeitungsbemühungen vor Ort.

 Vermächtnis von Winfried Pilz: Verzicht auf „Laudato si“

Im Zusammenhang mit dem kulturellen Vermächtnis von Winfried Pilz, insbesondere dem Lied „Laudato si“, wird das Kindermissionswerk aus Respekt vor allen Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, dieses Lied nicht mehr in seinen Materialien verwenden. Die bisherigen Erlöse aus den Tantiemen für die Nutzungsrechte des Liedes werden für Kinderschutzprojekte verwendet und sind dazu beim Kindermissionswerk in eine Rücklage gestellt.

Der gesamte, rund 130 Seiten umfassende Bericht der Rechtsanwältin und Mediatorin Dr. Bettina Janssen, Köln, kann online eingesehen werden.