Erste Diözese Italiens beauftragt Missbrauchsstudie

Die Diözese Bozen-Brixen hat als erstes Bistum Italiens eine Missbrauchsstudie in Auftrag gegeben.

Die Diözese Bozen-Brixen hat als erstes Bistum Italiens eine Missbrauchsstudie in Auftrag gegeben. Verantwortlich für die Umsetzung ist unter anderen die Münchener Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl. Sie erstellte in Deutschland bereits mehrere derartige Gutachten. In einem Interview mit dem Südtiroler Wochenmagazin „FF“ bestätigte Anwalt Ulrich Wastl am Donnerstag die bereits begonnen Vorarbeiten.

Insgesamt sei das Projekt mit dem Namen „Mut zum Hinsehen“ auf drei Jahre ausgelegt, so der Präventionsbeauftragte des Bistums Bozen-Brixen, Gottfried Ugolini, gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Es beginne mit Einsichtnahme in allen diözesanen Archiven. Neben der Münchener Kanzlei sind auch Anwälte aus Südtirol beteiligt. Die Untersuchung der Akten erfolgt für die Jahre ab 1964; damals wurden die Bistumsgrenzen neu geregelt. Ein erster Bericht über die Archivrecherche sei im Juni nächsten Jahres geplant, kündigte Ugolini an.

Die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche Italiens steht noch am Anfang, gesellschaftlichen Druck gibt es kaum. Im Jahr 2019 hatte die Italienische Bischofskonferenz, zu der auch Bozens Bischof Ivo Muser gehört, eine nationale Fachstelle für Kinderschutz ins Leben gerufen und mit der Einrichtung regionaler Meldestellen begonnen. Laut eines kürzlich veröffentlichten Berichtes der Konferenz sind diese sowie örtliche Präventionsbeauftragte mittlerweile nahezu flächendeckend im Land vorhanden.

Eine unabhängige Studie zur Aufarbeitung von Missbrauch durch kirchliche Mitarbeiter ist nicht geplant. Untersucht wurden bislang lediglich die eigenen Präventionsmaßnahmen seit 2020; noch in der Vorarbeit steckt ein Gutachten zu Meldungen mutmaßlicher Fälle der vergangenen 20 Jahre an die vatikanische Glaubensbehörde.

Der Bozener Präventionsverantwortliche Ugolini habe den Eindruck, dass einige italienische Diözesen die Arbeit in Bozen-Brixen mit Interesse verfolgten. „Da unsere Diözese eine geschichtlich, sozio-kulturelle und sprachliche Vielfalt aufweist, ist es natürlich noch einmal spannender. Insofern haben wir auch ein Brückenfunktion.“

Aufbauend auf den ersten Bericht 2024 sollen die weiteren Schritte zur Umsetzung des Bistumsprojektes festgelegt werden. Dabei gehe es auch um inhaltliche und strukturelle Konsequenzen sowie Präventions- und Interventionsmaßnahmen, so Ugolini. Für das Projekt hat die Diözese eine Steuerungsgruppe eingesetzt, in der auch Betroffene beteiligt sind. Außerdem ist ein unabhängiger externer Beirat vorgesehen, der die Vorgänge überprüft.

kna