In den vergangenen Wochen haben bundesweit Hunderttausende gegen Rechtsextremismus demonstriert. Laut dem Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer reicht das nicht aus.
Bonn/Hildesheim – Im Kampf gegen Rechtsextremismus reicht nach Ansicht des katholischen Hildesheimer Bischofs Heiner Wilmer Demonstrieren allein nicht aus. „Es ist gut, dass Leute aufstehen und sich wehren. Es ist gut, dass sie auf die Straße gehen. Aber das ist zu wenig“, sagte er im Interview des Portals katholisch.de (Freitag) in Bonn. „Wir brauchen ein verschärftes Bewusstsein mit Blick auf die kommenden Wahlen, vor allem in diesem Super-Wahljahr“, so Wilmer. „Als Christinnen und Christen müssen wir unsere klare Haltung in Bezug auf das Fundament, auf dem wir stehen, zeigen: Völkischer Nationalismus ist mit dem Christentum nicht vereinbar.“
In den vergangenen Wochen hatten bundesweit Hunderttausende gegen Rechtsextremismus demonstriert. Ein Anlass für die Kundgebungen waren Recherchen des Netzwerks Correctiv zu einem Treffen Rechtsextremer im November in Potsdam, an dem auch Mitglieder von AfD und Werteunion teilnahmen. Dabei soll es unter dem Schlagwort „Remigration“ (Rückwanderung) um eine Strategie für eine massenhafte Umsiedlung von Migranten gegangen sein.
Wilmer sagte: „Ich halte es für wichtig, dass Politikerinnen und Politiker mit Blick auf national-völkische Parolen stärker in die Offensive gehen und ganz klar sagen, dass beispielsweise die Rede von ‚deutschem Boden‘ und ‚deutschem Blut‘ keinen Platz in unserer Gesellschaft hat. Solche Reden erinnern mich an die dunkelsten Zeiten unserer Geschichte.“
Nach Einschätzung des Bischofs kann es sein, dass die Demonstrationen politische Auseinandersetzungen im öffentlichen Raum verschärfen. „Das halte ich aber nicht für schlecht. Wir müssen miteinander reden, auch streiten. Wir brauchen eine Vergewisserung und Verständigung über unsere Grundwerte.“
Auf eine Frage zur gesellschaftlichen Bedeutung der Kirche antwortete Wilmer: „Ich würde die Rolle der Kirchen in Deutschland nicht unterschätzen, selbst wenn die Mitgliederzahlen zurückgehen.“ Immerhin sei knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung Mitglied in einer der beiden großen christlichen Gemeinschaften. „Kirchen können daher durchaus pointiert sagen, dass bestimmte Positionen einfach nicht gehen.“
Kirchenleute seien aber keine Politiker. „Wir haben eine Botschaft aus der Bibel“, betonte Wilmer. „Für uns wäre es gut, uns auf diese zu besinnen, was auch bedeutet, für die Menschenrechte einzustehen.“
Die katholischen deutschen Bischöfe hatten vergangene Woche eine Erklärung mit dem Titel „Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar“ verabschiedet. Darin grenzen sie sich deutlich von der AfD ab und bezeichnen diese als für Christen nicht wählbar.