Nach Papst-Äußerungen: Vatikan-Botschafter in Kiew einbestellt

Missverständliche Äußerungen des Papstes zum Krieg in der Ukraine haben international für Empörung gesorgt. Nun folgen Konsequenzen auf diplomatischer Ebene.
Statt Papst Franziskus soll nun Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin Anfang Juli nach Afrika reisen.

Kardinal Pietro Parolin –Foto: © Palinchak | Dreamstime.com

Die jüngsten Äußerungen von Papst Franziskus zum Ukraine-Krieg sorgen in Kiew weiter für Unmut. Wie das ukrainische Außenministerium am Montagabend mitteilte, wurde der Papstbotschafter in Kiew, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, eigens zu einem Gespräch einbestellt. Der Vatikan-Diplomat sei darüber informiert worden, dass die Ukraine von den Worten des Papstes „enttäuscht“ sei.

Das Kirchenoberhaupt hätte seine Stimme nutzen sollen, um sich für einen „Sieg des Guten über das Böse“ einzusetzen, heißt es in der Erklärung des Ministeriums. Zudem möge sich Franziskus mit seinen Appellen besser an den Angreifer Russland richten – „und nicht an das Opfer“.

Internationale Reaktionen

In einem Interview hatte der Papst der Ukraine „Mut zur weißen Fahne“ und zu Verhandlungen unter internationaler Vermittlung nahegelegt. Viele verstanden dies als einen Aufruf zur Kapitulation. Vatikansprecher Matteo Bruni erklärte später, Franziskus habe „vor allem zu einem Waffenstillstand aufrufen und den Mut zu Verhandlungen wiederbeleben“ wollen.

Die Papst-Worte sorgten international für viel Kritik – und wenig Zustimmung. Vor allem in Osteuropa meldeten sich mehrere Regierungen zu Wort und wiesen die Äußerungen vehement zurück. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj widersprach den Ausführungen von Franziskus – allerdings ohne ihn direkt zu erwähnen.

Pietro Parolin ordnete Papst-Äußerungen ein

Am späten Montagabend nahm der vatikanische Chefdiplomat, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, öffentlich Stellung. Im Interview der italienischen Zeitung „Corriere della Sera“ (online) ordnete er die Worte des Papstes nachträglich ein. Auf die Frage, warum sich Franziskus nur an die ukrainische Seite gewandt habe, entgegnete der Kardinal, dies sei dem Kontext der Fragestellung geschuldet gewesen. Es sei überdies „offensichtlich“, dass Frieden nur durch beide Kriegsparteien geschaffen werden könne. „Und die erste Bedingung scheint mir die Beendigung der Aggression zu sein“, sagte Parolin – ohne Russland beim Namen zu nennen.

Ferner erklärte Parolin, der Vatikan sei aktuell besorgt, dass der Ukraine-Krieg sich ausweiten und noch mehr Tod und Zerstörung bringen könne. Zudem sei das Risiko einer atomaren Eskalation vorhanden. Auch deshalb dringe der Heilige Stuhl auf eine Verhandlungslösung.

kna