Der Chef des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis, Thomas Schwartz, plädiert dafür, weiteren Ländern im Osten Europas die Aufnahme in die Europäische Union (EU) zu ermöglichen.
Freising – Der Chef des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis, Thomas Schwartz, plädiert dafür, weiteren Ländern im Osten Europas die Aufnahme in die Europäische Union (EU) zu ermöglichen. Die europäische Integration sei erst vollendet, wenn alle europäischen Länder, die dies wünschten, ihren Platz in der EU hätten, erklärte Schwartz am Montag in Freising. Denn nur dies biete Europa die Chance, auf die aktuellen Bedrohungen von Frieden, Freiheit und Demokratie zu reagieren sowie den sozial-ökologischen Herausforderungen zu begegnen.
2007 waren Rumänien und Bulgarien aufgenommen worden, 2013 folgte Kroatien. Nun sei es an der Zeit, erneut Erweiterungsrunden folgen zu lassen, forderte Schwartz: “Die Menschen in der Ukraine, der Republik Moldau, auf dem Westbalkan und im Südkaukasus setzen hohe Erwartungen in die Europäische Union. Wir dürfen diese nicht enttäuschen.”
Aus vielen Begegnungen mit Menschen in den Partnerländern von Renovabis wisse er, wie sehr diese sich nach einer Zugehörigkeit zur europäischen Völker- und Friedensfamilie sehnten, sagte der Renovabis-Chef. Sollte ihnen keine glaubhafte Perspektive geboten werden, dürften diese Länder eine massive Abwanderung erleben. In der Nachbarschaft der EU drohe dann Instabilität; der Einfluss von Russland und China würde dort wachsen.
Die bisherige EU-Integration zeige, dass selbst zuvor verfeindete Nationen in Dialog kommen könnten, unterschiedliche Sichtweisen bearbeiteten oder aushielten, blickt der Renovabis-Leiter zurück. “Gerade die Kirchen haben in der Versöhnungs- und Dialogarbeit wichtige Beiträge geleistet. Ihr Einsatz wird dringend weiter gebraucht.” Trotz Säkularisierungstendenzen in allen Teilen Europas könnten Christinnen und Christen hier einen zentralen Dienst für die Gesellschaften und den Kontinent leisten, ist sich Schwartz sicher.
Die anfängliche “Europa-Euphorie” der 1990er Jahre habe möglicherweise auch naive Züge gehabt, räumte der Renovabis-Chef ein. “Uns, die wir im Westen aufgewachsen sind, ist viel zu wenig bewusst, was die fundamentalen Umbrüche nach dem Fall des Kommunismus für die Menschen im ehemaligen ‘Ostblock’ mit sich brachten.”
Dennoch warnt der Renovabis-Chef vor einer westlichen Arroganz: “Statt uns über die mittel- und osteuropäischen Staaten zu erheben, sollten wir wertschätzend anerkennen, was sie seit der Erringung der Freiheit aufgebaut haben.” Bestehende Probleme müssten von einer gemeinsamen Verantwortung heraus konsequent und zum Wohl der Menschen angegangen werden. Renovabis hat eigenen Angaben zufolge seit 1993 mit rund 870 Millionen Euro mehr als 26.000 Projekte von Partnerorganisationen unterstützt.