Friedensnobelpreisträgerin: Jedes Wort von Putin ist eine Lüge

Friedensverhandlungen mit Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg sind nach den Worten der russischen Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa eine Illusion.
Friedensnobelpreisträgerin: Jedes Wort von Putin ist eine Lüge

Irina Scherbakowa –Foto: privat

Friedensverhandlungen mit Wladimir Putin über den Ukraine-Krieg sind nach den Worten der russischen Friedensnobelpreisträgerin Irina Scherbakowa eine Illusion. Jedes seiner Worte sei Lüge und mit Manipulation verbunden, sagte das Gründungsmitglied der Menschensrechtsorganisation Memorial am Freitag auf dem Deutschen Katholikentag in Erfurt. Putin spreche der Ukraine ab, eine eigene Nation zu sein und einen eigenen Staat haben zu dürfen. Das hätte man ernst nehmen sollen, gab sie zu bedenken.

Mit dem Begriff „Versöhnung“ hat Scherbakowa ebenfalls ihre Schwierigkeiten. Denn er vertusche vieles und schaffe die gefährliche Illusion, dass es schnell passieren könnte. Demgegenüber müsse Russland mithilfe internationaler Gerichte zur Verantwortung gezogen werden. Die Taten seien aufzuarbeiten. Schon jetzt werde von neuen „Nürnberger Prozessen“ gesprochen.

Verfälschung der Geschichte

Zugleich plädierte sie dafür, dass die Russen nach dem Krieg Reparationszahlungen an die Ukraine zu zahlen hätten. Auf der menschlichen Basis bedeute das eine sehr tiefe Arbeit, angesichts dessen, in was sich die russische Gesellschaft in diesem Krieg verwandelt habe.

Durch die Putinsche Indoktrination sei eine unglaubliche Verfälschung der Geschichte in den Schulen passiert, sagte die Friedensnobelpreisträgerin. Noch gebe es Lehrer, die versuchten, dem entgegenzuarbeiten. Letztlich könne man Russland nicht eliminieren oder besetzen wie einst Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber es gelte, Kräfte zu unterstützen, die sich wehrten. Zudem müsse nach den aus der Ukraine verschleppten Kindern gesucht werden. Auch welche Verluste an Soldaten die russische Armee gehabt habe, müsse aufgeführt werden. Schon jetzt gebe es Menschen, die sich bemühten, dies aufzulisten. Denn dies werde für die Stimmung im Land eine Rolle spielen.

Der ukrainische Kirchenhistoriker Oleh Turiy sagte, wer sich nach Frieden und Versöhnung sehne, müsse über die Ursachen nachdenken und darüber wie dieser Krieg beendet werden könne. Auch er plädierte dafür, jene zu verurteilen, die für den Angriffskrieg verantwortlich seien.

Westen soll russische Flüchtlinge unterstützen

Die CDU-Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer schrieb der katholischen Kirche eine wichtige Rolle im Dialog mit den anderen Kirchen zu. „Wo wir Gesprächskontakte haben, sollten wir sie nutzen.“ Dabei verwies sie auch auf die Arbeit des katholischen Osteuropahilfswerks Renovabis.

Am Donnerstag hatte Scherbakowa in Erfurt hat zur Unterstützung der Ukraine aufgerufen. Das viel zu lange Zögern des Westens habe Wladimir Putin das Gefühl gegeben, sein Krieg könne erfolgreich sein. Hoffnung gebe ihr, dass viele Menschen im Westen mittlerweile die Illusionen gegenüber Putin verloren hätten, sagte Scherbakowa. Der Westen solle deshalb auch russische Flüchtlinge unterstützen und mit ihrer Hilfe Informationen zur wirklichen Lage in ihrem Heimatland verbreiten. Mehr als zwei Millionen Menschen seien mittlerweile aus dem Russland geflohen, die größte Migration seit der Revolution 1917.

Scherbakowa ist Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, die 2021 vom Obersten Gericht Russlands verboten worden war. 2022 wurde Memorial mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Im selben Jahr verließ die Germanistin Russland.

kna