Mehr als 100 Vereine und Stiftungen sehen ihr Engagement gegen Rechtsextremismus akut gefährdet. Sie haben sich hilfesuchend an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gewandt.
Hamburg – Mehr als 100 Vereine und Stiftungen sehen ihr Engagement gegen Rechtsextremismus akut gefährdet. Sie haben sich hilfesuchend an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gewandt. „Wir alle werden in unserem Engagement durch das Gemeinnützigkeitsrecht behindert. Es gefährdet unsere Arbeit“, heißt es in dem Brief, der dem „Spiegel“ (Montag) vorliegt. Die meist in Ostdeutschland aktiven Organisationen rufen den Kanzler und die Regierung dazu auf, das Gemeinnützigkeitsrecht zu ändern.
„Nur eine zügige Reform kann verhindern, dass in den nächsten Monaten immer mehr Vereine Probleme bekommen und sich zurückziehen“, steht in dem Schreiben aus der Zivilgesellschaft. Die Unterzeichner beklagen, dass sie mit der Aberkennung ihrer Gemeinnützigkeit rechnen müssen, wenn sie sich politisch engagieren. Finanzbehörden drohten ihnen mit dem Verlust des gemeinnützigen Status, weil ihr Einsatz für Grundrechte als „einseitig“ beanstandet werde.
Zudem werfen die Organisationen der AfD vor, mit Hilfe der aktuellen Rechtslage Demokratiearbeit zu sabotieren, indem die Partei Initiativen anschwärze. Die Unterzeichner sind überwiegend kleine Organisationen aus Wohlfahrtspflege, Sport, Kultur und Bildung, Natur- und Umweltschutz sowie Demokratiearbeit. Die meisten sind im ländlichen Raum tätig.
Der Bundesfinanzhof hatte 2019 mit Blick auf das Anti-Globalisierungsnetzwerk Attac geurteilt, dass Tätigkeiten der politischen Bildung, die darauf abzielen, politische Entscheidungen und die öffentliche Meinung im Sinne eigener Auffassungen zu beeinflussen, nicht gemeinnützig seien und daher keinen Anspruch auf Steuervorteile hätten. Die Regierungsparteien hatten sich bereits im Koalitionsvertrag darauf verständigt, das Gemeinnützigkeitsrecht zu reformieren und die Zwecke der Gemeinnützigkeit zu erweitern und zu konkretisieren.
Als gemeinnützig werden Organisationen und Initiativen anerkannt, wenn sie „die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos fördern“. Wer als gemeinnützig anerkannt ist, ist steuerlich begünstigt und kann Spenden und Zuwendungen annehmen.