Unter dem Motto «Sonntag ist mir heilig» haben Gewerkschaften und Kirchen vor dem Düsseldorfer Landtag gegen die geplante Verdoppelung der verkaufsoffenen Sonntage in Nordrhein-Westfalen protestiert. Dabei übergaben die 100 Demonstranten am Donnerstag an Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) eine Erklärung der «Allianz für den freien Sonntag».
In ihrem Protestschreiben fordern sie die schwarz-gelbe Landesregierung auf, «die Aushöhlung des Sonntagsschutzes» aufzugeben. Der Respekt vor der Sonntagsruhe trage «wesentlich zum Erhalt unserer Gesellschaft» bei. Mit der weiteren Aufweichung des in Grundgesetz und Landesverfassung festgeschriebenen Sonntagsschutzes vollziehe sich eine «zunehmende wirtschaftliche Verzweckung aller Lebensbereiche», heißt es in dem Protestbrief. Der «Allianz für den Sonntag» gehe es um den Schutz des Sonntags für Gottesdienstzeiten ebenso wie um den Schutz von Arbeitnehmern. Der kulturelle Rhythmus zwischen Arbeit und Ruhe müsse um der Menschen willen erhalten bleiben und der Mensch «im Mittelpunkt des Wirtschaftens» stehen. Pinkwart versicherte den Demonstranten, die Landesregierung habe bei den künftigen Sonntagöffnungen die Interessen der Beschäftigten und Bürger «fest im Blick».
Derzeit werde eine «ausgewogene Regelung» vorbereitet, die die Sonntagsruhe wahre und es den Städten zugleich erlaube, ihre Zentren attraktiver zu machen. Schließlich sei die Lockerung der Sonntagsöffnung auch eine Reaktion auf die drohende Verdrängung von Geschäften durch den Internethandel. Gegenwärtig finde der Onlineeinkauf zu fast 50 Prozent am Sonntag statt, betonte Pinkwart, der von den Demonstranten ausgebuht wurde. In der «Allianz für den freien Sonntag» haben sich die Gewerkschaft Verdi, die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), die Katholische Betriebsseelsorge, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt der Evangelischen Kirche in Deutschland (KDA) und der Bundesverband Evangelischer Arbeitnehmerorganisationen zusammengeschlossen. Das Bündnis wird von den drei Evangelischen Landeskirchen in NRW unterstützt. Die geplante Lockerung der Ladenöffnungszeiten wird von der Landesregierung damit begründet, dass es zuletzt bei den Kommunen erhebliche Rechtsunsicherheiten gegeben habe.
Häufig waren geplante Sonntagsöffnungen von den Gewerkschaften vor den Verwaltungsgerichten erfolgreich beklagt und verhindert worden. Mit dem Gesetzentwurf sollten die bisherigen Unsicherheiten bei dem Thema überwunden werden, erklärte Pinkwart vor den Demonstranten. Für Beschäftigte, Einzelhändler und Kunden strebe die Regierung eine «verlässliche Lösung» an, mit der die Attraktivität der Innenstädte gesichert werde. Darauf entgegnete der Landessprecher der «Allianz für den Sonntag», die sicherste Lösung wäre ein vollständiger Verzicht auf Ladenöffnungen an Sonn- und Feiertagen. Ein verdi-Sprecher kündigte an, dass die Landesregierung auch bei dem neuen Gesetz mit zahlreichen Klagen gegen Sonntagsöffnungen rechnen müsse. Die Gewerkschaft vertrete in NRW 700.000 Beschäftigte im Einzelhandel.
Zuvor hatten bereits Kirchenvertreter der Regierung gedroht, gegen die Verdoppelung der verkaufsoffenen Sonntage notfalls bis vors Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Nach dem Entwurf für das neue NRW-Ladenöffnungsgesetz können Städte und Gemeinden künftig acht statt bisher vier verkaufsoffene Sonntage pro Jahr durchführen. Die weitere Lockerung der Ladenöffnungszeiten ist Bestandteil des sogenannten «Entfesselungsgesetzes». Es soll verlässliche Rahmenbedingungen für Kunden, Händler, Kommunen und Arbeitnehmer schaffen. Bislang waren verkaufsoffene Sonntage wegen des umstrittenen Anlassbezuges häufig gerichtlich untersagt worden.
Das neue Gesetz gibt den Kommunen die Möglichkeit, Sonn- und Feiertagsöffnungen für das gesamte Stadtgebiet oder für bestimmte Ortsteile zu verfügen. Sie gelten sonntags ab 13.00 Uhr für fünf Stunden und an höchstens einem Adventsonntag. Ausgenommen bleiben Weihnachten, Ostern und Pfingsten. Die mögliche Öffnungszeit am Samstag wird von 22.00 auf 24.00 Uhr verlängert.