Köln – Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, zeigt sich beeindruckt vom gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. Es sei bemerkenswert, wie es den Menschen gelinge, “selbst in diesen Zeiten Gemeinschaft zu erfahren”, sagte er am Montagabend in der WDR-Polittalkshow “hart aber fair”. Viele Menschen zeigten sich angesichts der Corona-Pandemie erfinderisch, so der bayerische Landesbischof.
Als Beispiele nannte er jene, die etwa auf Balkonen musizierten. Auch fänden viele Menschen derzeit neue Formen des Kontakts. “Dabei spielen die digitalen Medien eine wichtige Rolle”, sagte Bedford-Strohm. Zugleich würden wieder vermehrt Briefe geschrieben. Derzeit befänden sich alle Menschen in einer Situation, die noch niemand so erlebt habe – “und wir erleben auch, wie Menschen damit umgehen”.
Die Gesellschaft habe jedoch verlernt, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen, sagte der EKD-Chef weiter. Alle derzeitigen Maßnahmen dienten dem Zweck, Menschen zu schützen. “Beides gehört zusammen: Leben retten – aber sich auch dem Tod stellen”, so Bedford-Strohm. Nach den Erfahrungen anderer Länder, insbesondere Italiens, sei zu erwarten, dass auch Deutschland künftig stärker mit dem Tod konfrontiert sein werde.
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Zu bedenken seien auch soziale Folgen von Ausgangssperren, so der Bischof – etwa im Hinblick auf einen befürchteten Anstieg von Fällen häuslicher Gewalt. Zudem forderte er eine bessere Bezahlung in der Pflege. “Wir applaudieren den Pflegekräften momentan auf den Balkonen, und das ist gut”. Entscheidend werde jedoch sein, ob man sich nach der Corona-Krise an diesen Applaus erinnern werde. Berufe im sozialen Bereich, die oftmals von Frauen ausgeübt würden, seien häufig schlecht bezahlt, kritisierte Bedford-Strohm.