Kehrtwende bei Contilia

In seiner heutigen Sitzung hat der Aufsichtsrat der Contilia den Beschluss gefasst, die Katholisches Klinikum Essen (KKE) GmbH nicht zu verkaufen. Dies teilte das Unternehmen am Mittwochnachmittag mit. „Seit fast 180 Jahren tragen wir Verantwortung für die Gesundheitsversorgung der Menschen im Ruhrgebiet. Dieser Verantwortung wollen wir für die Menschen im Norden Essens auch weiterhin gerecht werden. In zahlreichen Gesprächen haben uns Bürger und Stadtverantwortliche in den letzten Monaten deutlich gemacht, wie hoch sie den Stellenwert eines gemeinnützigen Trägers einschätzen“, erklärte der Contilia Aufsichtsratsvorsitzende.

Das Marienhospital in Altenessen (Foto: KKE)

Im Januar 2020 hatte die Contilia entschieden, die KKE GmbH zu verkaufen. „Die Vielzahl und Rasanz der Veränderungen im Gesundheitssystem haben dafür gesorgt, dass wir als gemeinnütziger Träger das Risiko für eine so langfristige Investition nicht verantworten konnten“, erklärte Jens Egert, der seit Oktober 2019 Mit-Geschäftsführer der Contilia ist. „Wir haben damit das Vertrauen und die Geduld der Menschen im Essener Norden, der Verantwortlichen in der Politik und nicht zuletzt unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stark gefordert“, erklärte Dr. Dirk Albrecht, Vorsitzender der Contilia Geschäftsführung die Emotionen nachvollziehen. „Ich bedaure insbesondere, dass es dadurch zu den Auseinandersetzungen innerhalb der Kirchengemeinde St. Johann Baptist gekommen ist.“

Prämisse „Essen versorgt Essen“

Unter der Prämisse „Essen versorgt Essen“ ist ein neues Konzept entstanden, in dessen Kern es unverändert darum geht, die Gesundheitsversorgung für die Menschen im Essener Norden zu sichern, die Notfallversorgung langfristig zu garantieren und ambulante Medizin konsequent dort einzusetzen, wo sie möglich ist. „Wir werden dazu deutlich stärker auch im Essener Norden mit den anderen Krankenhausträgern kooperieren“, verspricht Dr. Albrecht.

Konkret soll das Philippusstift in Borbeck das Herz der stationären, medizinischen Versorgung im Essener Norden sein. Das Krankenhaus soll so entwickelt werden, dass dort alle wohnortnahen Operationen, Behandlungen und Therapien im stationären und ambulanten Betrieb in größtmöglicher Qualität angeboten werden. Dafür werden am Standort zukünftig umfangreiche Neubaumaßnahmen umgesetzt. Das Philippusstift wird zur zentralen Anlaufstelle für die Notfallversorgung im Essener Norden.

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Fachbereiche und Behandlungskapazitäten werden aufgeteilt

Der Standort Haus Berge sei in seiner Infrastruktur auf dem neuesten Stand. Mit dem bestehenden Lehrstuhl für Geriatrie der Universität Duisburg-Essen werden Contilia und die Universitätsmedizin den Weg der Zusammenarbeit weiter intensivieren. Die Fachbereiche und Behandlungskapazitäten der Standorte Marienhospital Altenessen und St. Vincenz Krankenhaus in Stoppenberg werden auf die übrigen Standorte der Contilia und der Universitätsmedizin Essen aufgeteilt oder in weiteren Kooperationen realisiert. Die Häuser werden nicht weiter betrieben.

„Wir wissen, dass für die Menschen in dieser Stadt die Qualität der Behandlung das Maß aller Dinge ist“, so der Mediziner Dr. Albrecht. Dies gilt unter anderem auch für das Thema Geburt. Mit dem Elisabeth-Krankenhaus und der Uniklinik verfügt Essen über zwei so genannte Perinatalzentren Level 1, Zentren mit der höchsten Versorgungsstufe, in denen schon heute der Großteil aller Essener Geburten stattfinden. Darüber hinaus gibt es in Essen eine weitere ausgewiesene Geburtsklinik im Alfried Krupp Krankenhaus.

„Neue medizinische Versorgungsstruktur“ in Altenessen

In Altenessen soll unter Federführung der Universitätsmedizin in enger Abstimmung mit den niedergelassenen Ärzten und weiteren Partnern eine neue medizinische Versorgungsstruktur entstehen. Passend zur Digitalisierungsoffensive Smart Hospital will die Uniklinik damit einen wesentlichen Schritt zur digitalbasierten Weiterentwicklung und Vernetzung der medizinischen Versorgung in Essen gehen. „Wir nehmen die uns angetragene Aufgabe sehr gerne an, den Essener Norden an die universitätsmedizinische Versorgung anzuschließen, unter Einsatz modernster Technologien, die den Menschen deutlich stärker als bisher in den Mittelpunkt stellen“, fasst Prof. Dr. Jochen A. Werner, Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen zusammen und ergänzt, „mit diesem Projekt wollen wir die Basis für eine viel stärkere Kooperation von ambulant und stationär schaffen, was den Belangen der Essener Patienten entgegenkommt.“

Damit werden die fachärztliche Betreuung, ambulantes Operieren und die Notfallversorgung sichergestellt. „Auch hier stehen wir bereit, um unseren Beitrag zu leisten. Als Teil des sehr guten Gesundheitsnetzwerks der Stadt Essen stehen wir auch für einen Runden Tisch zur Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Essener Norden zur Verfügung”, so Dr. Albrecht. 

„Ausdruck der von der Landesregierung begonnenen Neustrukturierung der Gesundheitsversorgung“

Für die Zukunft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten den Angaben zufolge bereits im Vorfeld der Entscheidung „tragfähige und sozialverträgliche Konzepte erarbeitet werden“. Aufgrund der großen Nachfrage nach medizinischem Personal in allen Bereichen wird der Wechsel in eine andere Einrichtung der Contilia oder zu einem anderen Essener Krankenhausträger in der Regel und auf Wunsch möglich sein. Die entsprechenden Signale der anderen Krankenhausträger der Stadt sind bereits gesetzt. Es werden aber insbesondere in den Bereichen Technik, Service und Verwaltung nicht alle Mitarbeitenden an einen anderen Standort wechseln können. „Wir werden in enger Zusammenarbeit mit unserer Mitarbeitervertretung allen betroffenen Mitarbeitenden die bestmögliche Unterstützung anbieten. Aber es gehört zur Aufrichtigkeit dazu, wenn wir sagen: Wir werden nicht alle Arbeitsplätze erhalten können“, so Egert.

„Wir sind überzeugt, damit eine Grundaufstellung zur sicheren Versorgung entwickelt zu haben, die bestmöglich die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, ist sie doch auch Ausdruck der von der Landesregierung begonnenen Neustrukturierung der Gesundheitsversorgung in NRW.

Boris Spernol