Die Vatikan-Instruktion zu Reformen in katholischen Gemeinden sorgt weiter für Debatten unter den deutschen Bischöfen. Während der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki die von der vatikanischen Kleruskongregation veröffentlichte Instruktion am Freitag erneut verteidigte, übten weitere Bischöfe deutliche Kritik.
Woelki rief zu einer differenzierten Betrachtung des Papiers auf. „Die Instruktion gibt wertvolle Anregungen, wie die uralte Institution der Pfarrei in unsere moderne Welt übertragen werden kann“, schrieb er auf dem Portal katholisch.de. Papst Franziskus rufe dazu auf, die Evangelisierung und damit Jesus Christus in den Mittelpunkt zu stellen und Erneuerung nicht allein in der Reform von Strukturen zu suchen.
Rolle des Pfarrers hervorgehohen
Die Instruktion „Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche“ hebt unter Berufung auf das Kirchenrecht die Rolle des Pfarrers hervor. Bestrebungen, die Leitung von Pfarreien beispielsweise Teams aus Priestern und kirchlich Engagierten anzuvertrauen, widerspricht das Schreiben direkt. Zahlreiche Kirchenvertreter und Theologen in Deutschland, darunter der stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz, Franz-Josef Bode, und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, hatten das Papier als rückwärtsgewandt kritisiert.
Woelki kritisierte, dass sich die Aufnahme des Dokuments auf die Leitungsverantwortung in der Pfarrei zuspitze. „Die evangelisierende Kraft einer Gemeinde ist aber weit entfernt davon, alleine an der Figur des Pfarrers zu hängen“, erklärte der Kardinal. Die letzte Verantwortung in der Leitung liege beim Pfarrer, der „ein geweihter Priester“ ist; zugleich seien die Laien zur Mitwirkung an der Leitung der Pfarrei berufen.
Ackermann: Irritiert, dass Missbrauch und Prävention nicht thematisiert werden
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann kritisierte die Vatikan-Instruktion dagegen. „Ich bin irritiert darüber, dass vom Thema Missbrauch und Prävention keine Spur zu finden ist“, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Als Beauftragter der Bischofskonferenz für dieses Thema störe ihn, dass in dem Papier kein Problembewusstsein zum Ausdruck komme, dass Pfarreien Orte von sexueller Gewalt gewesen seien und sein könnten.
Weiter kritisierte der Bischof, die Eigenverantwortung der Diözese und des Bischofs würden eingeschränkt. Papst Franziskus hebe immer wieder den Wert von Synodalität und der Ortskirche hervor. „Dieses Anliegen erkenne ich in der Instruktion nicht.“ Das Dokument setze Reformmöglichkeiten „spürbar engere Grenzen“. Zugleich betonte Ackermann, er werte das Papier nicht „als Endstation“. Es fordere vielmehr die katholischen Bistümer in Deutschland zu „noch intensiveren Gesprächen“ mit dem Vatikan auf.
Bischof Jung vermisst innovative Ansätze
Der Würzburger Bischof Franz Jung vermisst in der Instruktion innovative Ansätze. Er frage sich ernüchtert, wo die missionarischen Impulse für eine Erneuerung der Pfarrei geblieben seien. Er hätte neue Sichtweisen erwartet, „die den Horizont weiten, Neugier wecken und Mut machen, missionarisch zu wirken“. Zudem könne der Leser den Eindruck gewinnen, „es ginge nur darum, die Rechte des Klerus einzuschärfen, ohne jedoch die geforderte Gesamtverantwortung des Gottesvolkes im gleichen Maße stark zu machen und dafür entsprechende Richtlinien an die Hand zu geben“.