Köln/Münster – Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) macht mit einem Buch auf missbrauchte Frauen in der Kirche aufmerksam. “An erwachsene Frauen denken die wenigsten, wenn sie die Worte Missbrauch in der katholischen Kirche hören”, sagte die Vorsitzende der Theologischen Kommission des KDFB, Regina Heyder, am Donnerstag vor Journalisten. Der Verband wisse jedoch, dass es diese Fälle gebe.
33 Berichte von Frauen
Heyder stellte in einem Online-Gepräch das Buch “Erzählen als Widerstand” vor, das kommenden Mittwoch am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen erscheint. Darin schildern 23 Frauen unter Pseudonymen den spirituellen oder sexuellen Missbrauch, den sie als Erwachsene im Raum der katholischen Kirche erlebt haben. 16 Berichte handeln von sexuellen und 17 Berichte von spirituellen Gewalthandlungen und Grenzüberschreitungen.
“Das Buch stellt Öffentlichkeit für diese Erfahrung her”, sagte Heyder. Die Berichte deckten Strukturen und Mechanismen hinter den Taten auf. Jede Erzählung stärke so die Erzählung von anderen Frauen.
Frauen hätten den Tätern als Seelsorger vertraut.
Sobald sich Menschen in einem Abhängigkeitsverhältnis befänden, könnten sie sich auch als Erwachsene schwer gegen Missbrauch wehren, erklärten die vier Herausgeberinnen. “Wenn Missbrauch innerhalb von Seelsorgebeziehungen stattfindet, ist das ja innerhalb einer ganz fragilen Situation”, so etwa die Regensburger Pastoraltheologin Ute Leimgruber. Die betroffenen Frauen hätten den Tätern als Seelsorger vertraut. Der KDFB geht von einem großen Dunkelfeld aus.
In etwa der Hälfte der Darstellungen des Buches sind die Täter Priester; es gibt jedoch auch Übergriffe und Grenzverletzungen, an denen andere Frauen beteiligt sind. 14 Mal geschah der Missbrauch im Rahmen einer geistlichen Begleitung oder einer geistlichen Übung und 5 Mal im Rahmen der Beichte.
Aufruf der KDFB
Im Januar 2020 hatte der KDFB betroffene Frauen aufgerufen, ihre Erfahrungen zu schildern. Die vier Herausgeberinnen sind Theologinnen und in der Theologischen Kommission des Verbands tätig. Den Ausschlag für das Buch habe die sogenannte MHG-Studie gegeben, die 2018 erstmals ein Licht auf das Ausmaß von Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland warf. Auch die Dokumentation “Gottes missbrauchte Dienerinnen” (2019), die sexuelle Gewalt an Ordensfrauen durch Kleriker thematisiert, sei ein Impulsgeber gewesen.