Caritas-Chef Neher „entsetzt“ über Mose-Anzeigenkampagne

Vertreter der Kirchen in Deutschland kritisieren eine Anzeigenkampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die Grünen-Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock als Moses mit zehn Geboten zeigt.
Vertreter der Kirchen in Deutschland kritisieren eine Anzeigenkampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die Grünen-Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock als Moses mit zehn Geboten zeigt.

Caritas-Präsident Dr. Peter Neher. (Foto: obs/Deutscher Caritasverband e.V.)

Vertreter der Kirchen in Deutschland kritisieren eine Anzeigenkampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), die Grünen-Kanzlerkandidaten Annalena Baerbock als Moses mit zehn Geboten zeigt. Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, zeigte sich am Dienstag „entsetzt“ über die Kampagne, die „kurzsichtig, einfallslos und regelrecht peinlich“ sei. Zuvor hatten bereits weitere Religionsvertreter Kritik an den Anzeigen geübt, die am Freitag in mehreren Tageszeitungen geschaltet waren.

Inserate zögen „den biblischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung ins Lächerliche“

Die Inserate zögen „den biblischen Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung ins Lächerliche“, kritisierte Neher. „Für Klimaschutz einzutreten, ist und muss unser Geschäft als Caritas sein“, unterstrich der Prälat. „Denn die Klimakrise trifft in erster Linie die, deren Stimme wir nicht hören.“

Auch stelle die Kampagne „Verbote“ und „Verzicht“ als größtes Übel überhaupt dar. „Geht es eigentlich noch populistischer?“, so Neher. Bilder etwa aus dem Dürre-geplagten Westen der USA führten die Folge der Übernutzung von Ressourcen vor Augen. „Da wird notgedrungen gerade auch auf vieles verzichtet – die Wasserreservoirs sind beinahe leer“, gab Neher zu bedenken.

Neher: Klimaschutz „sachlich und konkret“ diskutieren,

„Bestimmte Kräfte bei uns sind aber noch nicht so weit und wehren sich dagegen, dass ‚die Wirtschaft‘ und überhaupt ‚der Bürger‘ ihr Verhalten anpassen müssen.“ Dass das Thema Flugreisen gleich der erste Punkt der „10 Gebote“ sei, nannte er „armselig“. „Da konnte man zehn Monate lang nirgendwo hin und jetzt will man uns noch verbieten…“ – man kann sich die Empörung ausmalen, die die Verfasser der Anzeige damit auszulösen hoffen“, so der Caritas-Chef. Stattdessen forderte er, mit Blick auf den Klimaschutz „sachlich und konkret“ zu diskutieren, „und nicht auf Stammtischniveau mit dürftigen und beleidigenden Analogien“ zu agitieren.

Der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, hatte am Montag in Düsseldorf zu der Anzeigenkampagne erklärt: „Das geht überhaupt nicht: Zerrbilder von Religion zu verwenden, um damit einzelne Personen zu diskreditieren.“ Die Zehn Gebote seien Ausdruck der Befreiung des Volkes Israel durch Gott. Ihr Sinn bestehe darin, dass die Gemeinschaft ein Leben in Freiheit führen könne. „Nach der Bibel gehört zu meiner Freiheit immer auch die Freiheit des anderen dazu“, so Latzel. „Die eine ist ohne die andere nicht zu haben.“

Großflächige Anzeigen geschaltet

Der Vorsitzende des Bundes Katholischer Unternehmer, Ulrich Hemel, verwies im Kölner Online-Portal domradio.de darauf, dass die soziale Marktwirtschaft „ein gesellschaftliches Friedensprojekt“ sei, das Arbeitnehmern wie Arbeitgebern zugutekomme. Das Institut hatte am Freitag in mehreren großen Tageszeitungen eine Anzeige mit einer Fotomontage Baerbocks geschaltet. Hierbei trägt sie zwei Tontafeln und erinnert an die biblische Figur Mose bei der Verkündigung der zehn Gebote. Darunter steht der Slogan: „Wir brauchen keine Staatsreligion“. Auf den Tafeln steht in Anlehnung an die zehn Gebote unter anderem „Du darfst kein Verbrenner-Auto fahren“ und „Du darfst nicht fliegen“.

Mehrere Religionsvertreter hatten bereits ihre Ablehnung geäußert, darunter die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch. Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr, Judentums-Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, erklärte: „Die Symbolik der Kampagne läuft Gefahr, antijüdische Vorurteile zu fördern. Das ist gerade in der gegenwärtigen Situation nicht zu verantworten.“

kna