Die Gelsenkirchener Pfarrei St. Augustinus und St. Urbanus verhüllen in ihren Kirchen die Kruzifixe bis zum Beginn der Adventszeit. Sie folgen damit einer Initiative des Künstlers Thomas Plassmann.
Die Gelsenkirchener Pfarrei St. Augustinus und St. Urbanus verhüllen in ihren Kirchen die Kruzifixe bis zum Beginn der Adventszeit. Sie folgen damit einer Initiative des Künstlers Thomas Plassmann. „Mit dem Trauerflor wollen wir unsere Scham und Betroffenheit sowie unsere Solidarität mit allen Opfern von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche weltweit zum Ausdruck bringen“, sagte Propst Markus Pottbäcker. Der Stadtdechant von Gelsenkirchen und zugleich Pfarrer der beiden Großpfarreien mit zusammengerechnet rund 55.000 Gläubigen Anlass seien Meldungen über „erschütternde Zahlen“ von Missbrauchsopfern in der katholischen Kirche in Frankreich, die deutlich machten, „dass die Dimension der Verbrechen weltweit noch gar nicht abschätzbar ist.“
Der bekannte Karikaturist und Katholik Thomas Plaßmann, der auch wöchentlich für das Neue Ruhrwort zeichnet, hat Kirchengemeinden dazu aufgerufen, die Kreuze in ihren Gotteshäusern als Zeichen der Betroffenheit über den sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche mit einem schwarzen Tuch zu verhüllen. „Verhüllen wir mit ihm – vielleicht bis zum Beginn des Advents –, als sichtbares Zeichen, als Anstoß und zur Konfrontation, das Antlitz unseres Herrn am Kreuz in unseren Gotteshäusern – als Geste, um ihm, symbolisch, den Anblick auf diese klaffende Wunde in seiner Kirche zu ersparen“, heißt es in seinem Aufruf.
Zur Begründung für seine Initiative führt Plaßmann an, dass er „wund, beschämt und fassungslos“ vor dem vorstellungssprengenden Fakt des Missbrauchs in der Kirche stehe. Die jüngsten Zahlen aus Frankreich hätten ihn endgültig so erschüttert, dass es nach einer persönlichen Antwort darauf verlange. „Es ist nicht hinnehmbar und ich kann nicht einfach still so tun, als ginge mich das nichts an. Vielleicht bin ich nicht der Einzige, der so empfindet“, so Plaßmann. Wer Katholik sei, sei Teil einer Organisation, in der millionenfach schwerste Verbrechen an den Schwächsten und Unschuldigsten begangen worden seien und vermutlich immer noch begangenen würden. Die Strukturen der Kirche hätten dies ermöglicht und der Umgang mit dieser Katastrophe habe tiefe Risse bis ins Fundament hinterlassen. „Es braucht ein Zeichen. Ein Zeichen von uns. Ein Zeichen in und aus den Gemeinden“, fordert Plaßmann.
Der Aufruf im Wortlaut
Liebe Katholiken,
wund, beschämt und fassungslos stehe ich vor dem vorstellungssprengenden Fakt des Missbrauchs in unserer Kirche. Die jüngsten Zahlen, jetzt aus Frankreich, haben mich endgültig so erschüttert, dass es nach einer persönlichen Antwort darauf verlangt. Es ist nicht hinnehmbar und ich kann nicht einfach still so tun, als ginge mich das nichts an. Vielleicht bin ich nicht der Einzige, der so empfindet.
Wir sind derzeit Teil einer Organisation, in der millionenfach schwerste Verbrechen an den Schwächsten und Unschuldigsten begangen wurden und vermutlich werden. Eine Organisation, deren Strukturen dies ermöglicht und erleichtert und deren Umgang mit dieser Katastrophe tiefe Risse bis ins Fundament hinterlässt.
Es braucht ein Zeichen. Ein Zeichen von uns. Ein Zeichen in und aus den Gemeinden.
Ein schwarzes Tuch
Verhüllen wir mit ihm – vielleicht bis zum Beginn des Advents –, als sichtbares Zeichen, als Anstoß und zur Konfrontation, das Antlitz unseres Herrn am Kreuz in unseren Gotteshäusern – als Geste, um ihm, symbolisch, den Anblick auf diese klaffende Wunde in seiner Kirche zu ersparen. Oder binden wie ein schwarzes Tuch sichtbar ans Kruzifix.
Ein schwarzes Tuch als Zeichen unserer Scham und Betroffenheit und unserer Solidarität mit den Opfern.
Ein schwarzes Tuch als Mahnung an die Verantwortlichen, angesichts dieses furchtbaren Abgrunds wirklich alles in die Vergangenheit und die Zukunft gerichtete Notwendige zu tun.
Ein schwarzes Tuch als Mahnung an uns selbst
Und:
Ein schwarzes Tuch als deutliches, sichtbares Zeichen nach außen, dass auch wir, die wir unserer Kirche den Rücken nicht zugekehrt haben, leiden, mitempfinden, nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und uns an unserem Platz für die notwendige Schritte zur Heilung einsetzen.
Ein schwarzes Tuch in unserer Gemeinde, in den Kirchen unserer Pfarrei, unseres Bistums, Deutschlands, in den Kirchen Frankreichs, Kanadas, der USA, weltweit, überall dort wo wir katholische Christen an dieser Wunde leiden. Auch vielleicht in St.Peter in Rom.
Thomas Plaßmann, Ein Gemeindemitglied