Irme Stetter-Karp neue Präsidentin des ZdK

Irme Stetter-Karp ist neue Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Sie am Freitag erhielt 149 von 190 Stimmen. Sie folgt damit Thomas Sternberg. Nach Rita Waschbüsch bekleidet damit zum zweiten Mal eine Frau das Amt.
Irme Stetter-Karp ist neue Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Sie am Freitag erhielt 149 von 190 Stimmen. Sie folgt damit Thomas Sternberg.

Irme Stetter-Karp –Foto: ZdK / © Dt. Verein für öffentliche & private Fürsorge e.V./ Dirk Hasskarl

Irme Stetter-Karp ist neue Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Sie am Freitag erhielt 149 von 190 Stimmen. Sie folgt damit Thomas Sternberg nach, der nach sechs Jahren Amtszeit nicht erneut kandidiert hatte. „Glücklich und mit tiefem Respekt vor dem Amt“ nahm Irme Stetter-Karp am Freitagmittag die Wahl an. „Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung“, sagte sie der Vollversammlung. „Mit Leidenschaft“ werde Sie ihr Amt ausfüllen.  Herzlich gratulierten ihr Mitbewerber, Ulrich Hemel, sowie der scheidende Präsident Thomas Sternberg und das scheidende Präsidium.

Irme Stetter-Karp, promovierte Sozialwissenschaftlerin, Diplom-Sozialarbeiterin und Diplom-Pädagogin, arbeitete in verschiedenen Führungspositionen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Als Leiterin der Hauptabteilung Caritas im Bischöflichen Ordinariat ging sie im September 2020 in den (Un-)Ruhestand. Ihr ehrenamtliches Engagement ist vielfältig: Neben der Vizepräsidentschaft im Deutschen Caritasverband ist sie Präsidentin des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge mit Sitz in Berlin. Im ZdK, dem sie seit Ende der 1980er Jahre mit Unterbrechungen angehört, ist sie seit April 2021 als gewählte Einzelpersönlichkeit.

„Reformen sind unverzichtbar und überfällig“

Von 2016 bis zum Frühjahr 2021 war sie als Vertreterin des Caritasverbandes Mitglied im ZdK. Auf dem Synodalen Weg, den die katholische Kirche in Deutschland im Dezember 2019 eingeschlagen hat, arbeitet sie bislang im Synodalforum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“ mit. Als ZdK-Präsidentin wird sie künftig auch Präsidentin des Synodaler Weges sein und damit den Reformprozess der katholischen Kirche mit verantworten. Von Seiten der Deutschen Bischofskonferenz ist deren Vorsitzender Bischof Dr. Georg Bätzing Präsident des Synodalen Wegs. Stetter-Karp freut sich auch darauf, im Mai 2022 den Deutschen Katholikentag in Stuttgart eröffnen zu können.

Geboren wurde Stetter-Karp 1956 in Ellwangen. Sie ist verheiratet und Mutter zweier erwachsener Kinder. Ihr Engagement gilt seit langem einer sozial gerechten Welt – in einer nicht nur durch die Corona-Pandemie tief erschütterten Gesellschaft. Für das ZdK hat sie eine klare Vision, die aus diesem Engagement kommt: „Vor allen Einzelfragen ist die Frage der Solidarität in unserer Gesellschaft zentral“, sagt die neue Präsidentin. Das ZdK dürfe sich von binnenkirchlichen Debatten nicht völlig einnehmen lassen: „Wir können es uns nicht leisten, uns ins gesellschaftliche Abseits zu spielen.“

Gleichwohl misst sie dem Ergebnis des Synodalen Weges große Bedeutung zu: „Reformen sind unverzichtbar und überfällig. Sollten sie gelingen, dann haben wir mindestens die Chance, verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen.“ Sozial engagiert bleibt Stetter-Karp aber: „Die Zukunftsperspektiven von Kindern und jungen Menschen müssen auf die Tagesordnung, auch beim ZdK. Die jungen Generationen werden in einer überalterten Gesellschaft wie der unseren leicht übersehen. Da müssen wir gesellschaftspolitisch mit starker Stimme gegensteuern.“ Die 65-Jährige fühlt sich auch nach Jahrzehnten innerkirchlichen Engagements “nicht müde” – und wirkt selbst fast ein wenig erstaunt über ihre Einschätzung. Schließlich mutet der Kampf der katholischen Frauen für mehr Beteiligung und Gleichberechtigung nicht wenigen Geschlechtsgenossinnen als zäh und erfolglos an. Trotzdem: Stetter-Karp will “leidenschaftlich für Reformen kämpfen”.

 Stetter-Karp übernimmt als ZdK-Präsidentin  eine Institution mit vielen Baustellen

Dabei mag ihr helfen, dass sie sich als ausdauernd und zäh beschreibt. Sie betreibt viel Sport, geht von ihrem Wohnhaus in Göppingen aus gerne und oft in den Wald, und sie liebt die Berge. Die Frau mit der markanten Kurzhaarfrisur ist das zwölfte und jüngste Kind aus einer schwäbischen Bauern- und Gastwirtsfamilie. Beim ZdK übernimmt Stetter-Karp eine Institution mit vielen Baustellen: In wenigen Wochen steht der Umzug aus der alten Hauptstadt Bonn nach Berlin an. Weil viele Rheinländer nicht den Gang an die Spree mitmachen wollten, musste neues Personal gewonnen werden, Zdk-Generalsekretär Marc Frings ist noch keine zwei Jahre im Amt. Auch die Suche nach einem geeigneten Quartier gestaltete sich wegen Problemen mit einem Bauträger als schwierig.

Die gebürtige Ellwangerin hält den Ortswechsel für eine Chance und ein Risiko zugleich. Der Umzug nach Berlin, näher an die politisch Verantwortlichen, sei kein Selbstläufer und müsse gestaltet und gesteuert werden, sagt Stetter-Karp. Für notwendig hält sie ein neues Lobbykonzept, schließlich werde der Wettbewerb um mehr Gehör zunehmend schärfer und schwieriger. Und es dürfte keine leichte Aufgabe sein, einer zunehmend kirchenferneren Öffentlichkeit in Berlin zu erklären, wer Katholiken sind und was sie wollen.

Politische und gesellschaftliche Aufgabe

Ihren neuen Job begreift sie als politische und gesellschaftliche Aufgabe. Sie will in den “unvermeidlichen und umfassenden gesellschaftlichen Transformationsprozess” die katholische Stimme einbringen – etwa wenn es um gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland, den Umgang mit Geflüchteten, um die Pflegereform und eine neue gesetzliche Regelung zur Selbsttötung, um Generationengerechtigkeit und den Klimawandel geht. Es überrascht bei ihrem Lebenslauf wenig, dass Stetter-Karp bei alledem von einer diakonisch geprägten Kirche ausgeht.

Helfen kann Stetter-Karp, dass ihr bei aller Verbindlichkeit Konfliktbereitschaft und -fähigkeit bescheinigt werden. Auch dann, wenn es mit persönlichen Konsequenzen verbunden ist. 1999 riskierte sie den Job, als sie nach dem von Papst Johannes Paul II. verordneten Ausstieg aus dem staatlichen System der Schwangerenberatung gemeinsam mit anderen prominenten Katholiken den Verein Donum Vitae (Geschenk des Lebens) gründete, um diese Arbeit aus einer christlichen Perspektive fortzusetzen. Damals auch dabei: Rita Waschbüsch. Die frühere saarländische Ministerin war von 1988 bis 1997 die erste Frau an der ZdK-Spitze – mit Stetter-Karp hat sie nun ein knappes Vierteljahrhundert später eine Nachfolgerin gefunden.

Bätzing gratuliert neuer ZdK-Präsidentin Stetter-Karp

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat Irme Stetter-Karp zur Wahl als neue Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) gratuliert. Damit gehe gleichzeitig das Amt als Präsidentin des Synodalen Weges einher, betonte Bätzing am Freitag in einem Schreiben. Die Synodenpräses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Anna-Nicole Heinrich, gratulierte via Twitter: “Für Ihre Arbeit wünsche ich ihr ganz viel Segen und freue mich auf baldiges Treffen und die künftige ökumenische Zusammenarbeit.”

Bätzing betonte, er sei dankbar für die guten und fruchtbaren Beziehungen zum ZdK. Das vielfältige Engagement der Mitglieder des ZdK sei “für das Leben der Kirche und das Glaubenszeugnis in der Öffentlichkeit unverzichtbar”, so Bätzing in einem Brief an Stetter-Karp. Der Katholikentag im kommenden Jahr in Stuttgart sei eine Chance, “in einer krisenhaften Situation öffentlich Zeugnis unseres Glaubens abzulegen und gleichzeitig die gesellschaftliche Relevanz von Kirche in diesem Land zu unterstreichen”. An die neue Präsidentin gerichtet, betonte Bätzing: “Gehen wir diesen Weg gemeinsam, ohne Angst, im mutigen Aufbruch einer Kirche, die nach vorne blickt, wie es Papst Franziskus sagt.”

Bätzing würdigt gleichzeitig Sternberg. In einem Brief dankte er für dessen Wirken in Kirche, Politik und Gesellschaft sowie für seinen Einsatz für den Synodalen Weg. “Die Deutsche Bischofskonferenz durfte Dich in den sechs Jahren Deiner Präsidentschaft als engagierten und vertrauensvollen, visionären und ermutigenden Partner erleben”, so Bätzing. Sternberg sei “zu einem der entscheidenden Brückenbauer für den Laienkatholizismus in diesem Land geworden”. Zum Zusammenspiel von Bischofskonferenz und Zentralkomitee gehöre auch Spannung. Umso mehr danke er dafür, “dass Du den Bogen gespannt und an vielen Stellen auch zur Entspannung beigetragen hast und nicht müde wurdest, für das Gemeinsame von Bischöfen und Laien zu werben.”

rwm/kna