Nach dem Urteil gegen den katholischen Priester U. wegen 110-fachen sexuellen Missbrauchs werden Vorwürfe gegen die Leitung des Erzbistums Köln laut.
Köln – Nach dem Urteil gegen den katholischen Priester U. wegen 110-fachen sexuellen Missbrauchs werden Vorwürfe gegen die Leitung des Erzbistums Köln laut. Er habe bei der Kölner Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Erzbischof Rainer Maria Woelki sowie weitere kirchliche Amtsträger eingereicht, erklärte der Bremer Katholik und Gründer der Initiative „Katholischer Klartext“, Carl Kau, am Mittwoch bei einer Protestkundgebung vor dem Kölner Dom. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtete von weiteren, ähnlichen Anzeigen. Die Staatsanwaltschaft Köln konnte am Mittwoch den Eingang der Anzeigen noch nicht bestätigen. Sprecher Ulrich Bremer kündigte jedoch ungeachtet dessen weitere Schritte an.
Staatsanwaltschaft wartet Urteilsbegründung ab
Die Behörde werde zunächst die schriftliche Urteilsbegründung des Landgerichts abwarten und dann von Amts wegen prüfen, ob Ermittlungsverfahren gegen weitere Personen aufzunehmen seien. Die Zweite Große Strafkammer des Gerichts hatte am Freitag eine zwölfjährige Haftstrafe gegen den 70 Jahre alten Priester des Erzbistums Köln verhängt. Sie befand ihn für schuldig, sich zwischen 1993 und Januar 2018 an neun Mädchen vergangen zu haben. Laut Kölner Stadt-Anzeiger hat der Verteidiger des Angeklagten Revision gegen das Urteil eingelegt.
In der mündlichen Urteilsbegründung hatte das Gericht von Versäumnissen der Bistumsleitung bei der Aufklärung von Verdachtsmomenten gegen U. und der Kontrolle des Täters gesprochen, gegen den schon 2010 erste Anschuldigungen vorlagen. Laut Gericht soll er bis 2019 weitere Sexualverbrechen begangen haben. Erst in jenem Jahr wurde ihm die Ausübung priesterlicher Dienste durch das Erzbistum untersagt.
Anzeige wegen vorsätzlicher Beihilfe durch Unterlassen
Die Anzeige Kaus, die der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt, lautet unter anderem auf vorsätzliche Beihilfe durch Unterlassen sowie fahrlässige Körperverletzung. Neben Woelki zeigte der Bremer auch den heutigen Hamburger Erzbischof und früheren Kölner Personalchef Stefan Heße, den früheren obersten Kirchenrichter Günter Assenmacher, Weihbischof Dominikus Schwaderlapp sowie den derzeitigen Kölner Generalvikar Markus Hofmann an. Die Verantwortungsträger hätten viele Jahre zu wenig gegen Missbrauch getan, sagte Kau der KNA. Dabei hätten sie seiner Ansicht nach Taten verhindern können.
Am Mittwoch kehrte Woelki nach fünfmonatiger Auszeit in sein Amt zurück. Zugleich teilte er mit, dass er dem Papst seinen Rücktritt angeboten hat. Franziskus werde darüber „zu gegebener Zeit“ entscheiden.