Köln. Während seiner Auszeit, die auch eine Zeit des Gebets und der Exerzitien gewesen ist, hat der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, Papst Franziskus seinen Amtsverzicht angeboten. Der Papst wird darüber zu gegebener Zeit entscheiden. Weiter hat der Papst angeordnet, dass Kardinal Woelki – wie vorgesehen – am 2. März seinen Dienst wiederaufnimmt.
Woelki schreibt Brief an die Gläubigen
Er habe dem Heiligen „Vater meinen Dienst und mein Amt als Erzbischof von Köln zur Verfügung gestellt, so dass auch er frei ist, zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient“, schreibt Woelki. „Persönlich werde ich mich weiterhin mit allen mir zur Verfügung stehenden Kräften dafür einsetzen, dass der barmherzige Herr uns die Chance für einen Neuanfang schenken möge, auf neuen Wegen und in einem neuen Geist.“ Hierzu bitte er um „Ihre Offenheit, Ihre Geduld, darum, dass Sie mir, nein, uns noch eine Chance geben“. Vor allem aber erbitte er das Gebet der Gläubigen „für uns alle auf einem sicherlich nicht einfachen Weg, der jetzt vor uns liegt“.
In einem Brief an die Gläubigen zum Aschermittwoch nimmt der Erzbischof von Köln dazu Stellung: Brief zum Aschermittwoch (pdf). Während seiner Auszeit sollte der Erzbischof weder in Kommunikation gehen noch Medienanfragen beantworten. Die nächste Zeit ist für den Kardinal eine Zeit des Zuhörens und Zugehens auf die Menschen.
„Heute möchte sich der Kardinal für das unterstützende Gebet, den großen Zuspruch und die vielen ermutigenden Briefe, Mails und Postkarten aller jener Gläubigen bedanken, die ihn in den letzten Monaten aus dem Erzbistum Köln sowie aus weiten Teilen Deutschlands und aus dem Ausland erreicht haben“, heißt es in der Mitteilung der Erzdiözese. Ebenso wolle der Kardinal allen danken, die in den vergangenen Wochen und Monaten Verantwortung im Erzbistum getragen und wahrgenommen haben, allen voran dem Apostolischen Administrator, Weihbischof Rolf Steinhäuser.
„Wir haben eine Geschichte miteinander“
In dem „Brief zum Aschermittwoch“ schreibt Woelki an die Gläubigen weiter: „Wir haben eine Geschichte miteinander, direkt oder auch nur indirekt. Daraus soll nichts weggewischt werden, vor allem nicht das, was Sie verletzt oder entmutigt hat – bis hin zur Verzweiflung an der Kirche.“ Er wolle „auch nicht den Eindruck erwecken, am liebsten nur noch nach vorn und nicht mehr zurück zu schauen. Vielmehr liegt mir daran, miteinander Räume zu betreten und zu gestalten, in denen wir uns ehrlich begegnen, einander zuhören und in denen wir gemeinsam die Möglichkeiten ausloten, wie es in unserem Erzbistum „gut“ weitergehen kann.“ Dafür wolle er jetzt vor allem seine Zeit einsetzen.
Woelki schreibt unter anderem von „den Versäumnissen, den Fehlern und der Schuld in meinem Leben“. Wörtlich ergänzte er: „Es tut mir leid, dass diese Zeit für viele Menschen in unserer Kirche eine so belastete Zeit ist. Und ich weiß und es schmerzt mich, dass auch ich für diese Situation Verantwortung trage.“ Er habe daher „dem Heiligen Vater meinen Dienst und mein Amt als Erzbischof von Köln zur Verfügung gestellt, so dass auch er frei ist, zu entscheiden, was dem Wohl der Kirche von Köln am meisten dient“.
Zugleich rief er dazu auf, „dass Sie mir, nein, uns noch eine Chance geben“. Natürlich nehme er wahr, dass die Situation seit Oktober letzten Jahres nicht einfacher geworden sei. Es gebe Verunsicherung, Unverständnis, Misstrauen „bis hin zur Ablehnung meiner Person sowie einer gewissen Sorge im Hinblick darauf, wie es bei uns im Erzbistum weitergehen wird“. Eine Auszeit an sich könne keine Probleme lösen und Versöhnung könne nur „in einem Miteinander gedacht, gewagt, konkret versucht werden“.
Körperliche und mentale Erschöpfung
Der Erzbischof kündigte an, in nächster Zeit die Begegnung „mit möglichst vielen von Ihnen“ zu suchen: „Dazu gehört vor allem, Ihnen zuzuhören: Ihrer Enttäuschung, Ihrem Ärger, Ihren Vorwürfen genauso wie Ihren Erwartungen, Wünschen, Ihrem Zuspruch und Ihren guten Ideen.“ Er würde sich darüber freuen, „wenn jedes Wieder-Begegnen auch etwas von einem Neu-Begegnen haben dürfte“. Ihm liege daran, „Räume zu betreten und zu gestalten, in denen wir uns ehrlich begegnen, einander zuhören und in denen wir gemeinsam die Möglichkeiten ausloten, wie es in unserem Erzbistum ‚gut‘ weitergehen kann“.
Er selbst kehre „nicht unverändert einfach so zurück, als sei in dieser Zeit nichts geschehen“, betonte Woelki. In ihm sei manches in Bewegung gekommen, „was sich in der immer angespannteren kirchlichen Situation und zunehmenden, oft sehr persönlichen Anfeindungen meiner Person in unguter Weise in mir verhärtet hatte“. Das betreffe Zusammenhänge von Beteiligung und Leitung, die Entwicklung der Seelsorge sowie notwendige Reformen in der Kirche. Weiter führte Woelki aus, dass für ihn im Oktober ein Maß an körperlicher und mentaler Erschöpfung erreicht gewesen sei, die eine Auszeit notwendig gemacht habe. „Es war eine Zeit, meine eigene Erschöpfung zuzulassen und wieder neu zu Kräften zu kommen“.
Unterstützer der kirchlichen Reforminitiative Maria 2.0 haben am Mittwochvormittag auf der Kölner Domplatte gegen die Rückkehr des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki demonstriert. Die Veranstalter sprachen von 300 Teilnehmenden, laut Polizei waren es rund 150. Sie hielten Plakate mit Aufschriften wie „Weg vom Dom, Woelki geh nach Rom“ direkt vor der Kathedrale in den strahlend blauen Himmel. Als sich die Nachricht vom Rücktrittsangebot herumsprach, ging ein Jubel durch die Menge.
Maria 2.0 geht es nicht nur um Woelki
Sie hoffe, der Papst nehme den Rücktritt auch an, sagte die Sprecherin von Maria 2.0 Rheinland, Maria Mesrian, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Am heutigen Tag gehe es aber nicht nur um die Person Woelki. Mit Blick auf die Querelen um die Missbrauchsaufarbeitung sagte sie: „Es gibt dahinter mächtige Strippenzieher und Mit-Vertuscher, die genauso Schuld haben, dass wir hier in dieser Situation sind.“ Mesrian forderte die Gläubigen auf, der „Machtelite“ in der Kirche die Gefolgschaft zu verweigern, „weil wir sehen, dass sie Schaden anrichtet“.
Neben den Woelki-Kritikern demonstrierten auch Unterstützer vor dem Kölner Dom. Die rund 20 Menschen hielten weiße Rosen in den Händen und beteten den Rosenkranz. Als die Nachricht vom Rücktrittsangebot kam, verließen sie die Domplatte.
Im Erzbistum Köln hatte vor allem die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und die damit verbundene Kommunikation zu einer Vertrauenskrise geführt. Erzbischof Woelki war seit Oktober in einer „geistlichen Auszeit“, die am Aschermittwoch zu Ende ging. Ein zunächst geplanter, erster öffentlicher Auftritt des Kardinals bei einem Aschermittwochsgottesdienst im Dom war kürzlich wieder abgesagt worden. Woelki wollte laut Erzbistum nicht, dass „dieses wertvolle Ereignis von den aktuellen kirchenpolitischen Spannungen überschattet wird“. Stattdessen wandte er sich in einer Medienmitteilung und einem Fastenhirtenbrief an die Öffentlichkeit.
Vor allem die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen hatte zu einer Vertrauenskrise geführt. Franziskus erklärte nach einer Untersuchung, Woelki habe in diesem Zusammenhang „große Fehler“ vor allem in der Kommunikation gemacht, aber keine Verbrechen vertuschen wollen. Wegen der Querelen befand sich Woelki seit Oktober in einer mit Papst Franziskus vereinbarten „geistlichen Auszeit“, die er nun beendet hat.