Overbeck: Neue Realität der Menschheit durch russischen Krieg

Bischof Overbeck sieht im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Fratze des Bösen: „Wir sind in einer neuen Realität angekommen. Und das bedeutet, mit der Wirklichkeit eines Krieges nicht nur zu rechnen, sondern auch damit umgehen zu müssen.“
Bischof Overbeck sieht im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Fratze des Bösen: „Wir sind in einer neuen Realität angekommen. Und das bedeutet, mit der Wirklichkeit eines Krieges nicht nur zu rechnen, sondern auch damit umgehen zu müssen.“ Kerzen, eine ruhige Stimmung – und deutliche Worte von Bischof Franz-Josef Overbeck: Eine Woche nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine haben der Ruhrbischof und viele Gläubigen am Donnerstagabend im Essener Dom für den Frieden gebetet. „Nach den Schrecknissen der großen Weltkriege wissen wir alle: Die europäische Friedensordnung war und ist ein großes Geschenk, das es zu bewahren gilt“, sagte Overbeck in seiner Predigt. „Der Angriff Russlands auf die Ukraine stellt diese Friedensordnung einseitig massiv infrage.“

Bischof Franz-Josef Overbeck beim Friedensgebet am Donnerstag, 3.3.2022 im Dom. –Foto: Oliver Müller / Bistum Essen

Kerzen, eine ruhige Stimmung – und deutliche Worte von Bischof Franz-Josef Overbeck: Eine Woche nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine haben der Ruhrbischof und viele Gläubigen am Donnerstagabend im Essener Dom für den Frieden gebetet. „Nach den Schrecknissen der großen Weltkriege wissen wir alle: Die europäische Friedensordnung war und ist ein großes Geschenk, das es zu bewahren gilt“, sagte Overbeck in seiner Predigt. „Der Angriff Russlands auf die Ukraine stellt diese Friedensordnung einseitig massiv infrage.“

In der Ukraine machten nun viele Menschen „von ihrem legitimen Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch und kämpfen für den Erhalt ihrer Freiheit gegen militärisch überlegene Kräfte der Russischen Föderation.“ Overbeck betonte: „Jeder Versuch, die Herrschaft des Rechts durch die Herrschaft des militärisch Stärkeren zu ersetzen, führt zwangsläufig zu unsäglichem Leid.“ Angehende Pastoralreferentinnen und -referenten hatten den Gottesdienst mit vorbereitet und formulierten in ihren Statements Ratlosigkeit, die Sorge um die Menschen in der Ukraine, die Frage nach Sinn, dem rechten Weg und der Hoffnung für die Welt angesichts von Not und Elend. In einem eindrucksvollen Zeichen entzündeten sie zu jeder Fürbitte große Kerzen auf den Stufen des Altars und legten ihre vielfältigen Bitten um Frieden neben die Lichter. Mit den Kerzen sollen diese Bitten noch länger im Dom präsent bleiben.

Die Kraft des Gebets

Bei aller Macht- und Hoffnungslosigkeit angesichts des Krieges warb Overbeck für das gemeinsame Gebet: „Das Gebet ist eine Kraft, die weit über einen einzelnen Beter und eine einzeln Hoffende hinausgeht.“ Das Gebet verbinde viele Menschen allen Zuschnitts und schaffe „eine Gemeinschaft, die stärker ist als jede Form von Bedrohung und Unterdrückung“. Das Gebet sei auf das Gute aus. Auch mit Blick auf die politisch Verantwortlichen und die Soldatinnen und Soldaten, denen er als katholischer Militärbotschaft nahe stehe, hob Overbeck hervor: „Der Friede ist immer eine Gabe, die letztlich von Gott kommt und größer ist als wir Menschen. Der Friede ist immer eine große Aufgabe, die zu verwirklichen unser Auftrag ist.“

Unmittelbar vor dem Friedensgebet hatten die Veranstalter des „Essen Light Festivals“ begonnen, ein großes blau-gelbes Solidaritätssymbol für die Ukraine auf die Fassade der Anbetungskirche zu projizieren. Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU), der aus Termin-Gründen nicht am Friedensgebet teilnehmen konnte, dankte Dompropst Thomas Zander für das Gebet im Dom und die Möglichkeit dieses öffentlichen Zeichens. „Jeder, der in diesen Tagen für den Frieden auf die Straße geht, sendet ein eindeutiges Zeichen an den russischen Präsidenten: Beenden Sie diesen Krieg!“, so Kufen. „Frieden und Gerechtigkeit werden sich durchsetzen!“ Zudem kündigte der Oberbürgermeister an: „Jeder Flüchtling, der zu uns kommt, den werden wir aufnehmen.“

Overbeck nennt russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Fratze des Bösen

Bischof Overbeck sieht im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Fratze des Bösen. “Wir sind in einer neuen Realität angekommen. Und das bedeutet, mit der Wirklichkeit eines Krieges nicht nur zu rechnen, sondern auch damit umgehen zu müssen”, wie er im Interview der Rheinischen Post (Freitag) sagte. In einer hochkomplexen Zeit stehe die Sicherung von Frieden und Freiheit vor ganz neuen Herausforderungen, so der Bischof weiter. “Andere Länder zu erobern, Menschen zu ermorden, Recht zu brechen, die Würde der Menschen mit Füßen zu treten – ein solcher Krieg kann niemals gerecht sein.” Es gelte gemeinsam zu bekennen: “Das Böse darf und wird nicht das letzte Wort haben.”

Overbeck, der vor elf Jahren von Papst Benedikt XVI. zum katholischen Militärbischof berufen wurde, räumt ein, dass dort, wo Ideologien Menschen verblendeten, oft der Abgrund nahe sei; das sehe man derzeit. “Wahrscheinlich hilft dann nur noch Druck und Entschiedenheit”, so der 57-Jährige. Zugleich gelte es, mit Hoffnung “immer wieder entschieden für das Gute einzutreten, für Frieden und Versöhnung”. Der zentrale Auftrag der Bundeswehr sei, “Friedensdienst zu leisten und Wege zur Versöhnung zu ermöglichen”, so der Militärbischof. Nach seinen Worten zeigt der Regierungsbeschluss, die Bundeswehr mit 100 Milliarden Euro zu stärken, aber auch, dass die bisherige Friedenspolitik so nicht weitergeführt werden könne.

Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung

Overbeck betonte das Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung betont. Das Gebot “Du sollst nicht töten” gelte für jeden Menschen. Wer sich daran aber nicht halte, müsse davon abgehalten werden, weiter zu töten, sagte Overbeck am Freitag der Bild-Zeitung. „Von daher gibt es ein Verteidigungsrecht für jeden Menschen.“ Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine müsse alles getan werden, damit es nicht noch mehr Opfer gebe. “Es ist deshalb wichtig, dass es erste Schritte gibt, dem anderen zu zeigen, es ist Schluss mit der Gewalt. Es muss jetzt Frieden werden.” In diesen Sinn sei auch Deutschland in der Pflicht, “alles dafür zu tun, was wir im Hintergrund tun können, um in diesem Konflikt deeskalierend zu wirken. Aber auch deutlich machen – und das hat die Bundesregierung jetzt auch mit der Lieferung von Waffen getan – dass wir dem ukrainischen Volk beistehen.”

Overbeck räumte ein, dass es sich um einen Krieg zweier Länder handele, die christliche Wurzeln hätten. “Und so hoffe ich erst recht, dass die Kraft des Glaubens größer ist, als die Kraft, die gerade den Krieg vom Zaun gebrochen hat. Und auch dafür stehen wir als Kirchen ein.”

Weitere Friedensgebete

Bereits am Montag, 7. März, gibt es um 19 Uhr ein weiteres Friedensgebet im Essener Dom, diesmal vor allem für junge Leute. Sven Christer Scholven aus der Jugendabteilung des Bistums und BDKJ-Diözesanjugendseelsorger Simon Radeck laden zu diesem Gebet ein, das Stefan Glaser musikalisch gestalten wird. Zum „Ökumenischen Friedensgebet in der Stadtmitte“ laden die Essener Marktkirche und das Domkapitel nun immer donnerstags um 12.30 Uhr in die Marktkirche, Markt 2/Porschekanzel, ein. „Wir halten wach, was Christinnen und Christen nach dem letzten Weltkrieg gemeinsam formuliert haben: ‚Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein!‘ Wir setzen auf eine andere, eine menschenfreundlichere Realität“, sagt Marktkirchen-Pfarrer Jan Vicari.