Papst und Moskauer Patriarch sprechen über Ukraine

Papst Franziskus und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. haben sich nach Angaben des Moskauer Patriarchats (Mittwoch) per Telefon über die Lage in der Ukraine ausgetauscht.
Papst Franziskus und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. haben sich nach Angaben des Moskauer Patriarchats (Mittwoch) per Telefon über die Lage in der Ukraine ausgetauscht.

Patriach Kyrill I. –Foto: © Andrey Kholmov | Dreamstime.com

Papst Franziskus und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. haben sich am Mittwoch über die Lage in der Ukraine ausgetauscht. Dies bestätigten sowohl das Patriarchat in Moskau wie der Vatikan. Es sei dabei „um den Krieg in der Ukraine“ gegangen und die „Rolle der Christen und ihrer Seelsorger“. Diese müssten alles tun, „damit der Frieden sich durchsetzt“, so Vatikansprecher Matteo Bruni. Bei dem Videogespräch seien Papst und Patriarch sich darin einig gewesen, dass die Kirche „nicht die Sprache der Politik verwenden“ dürfe, „sondern die Sprache Jesu“. Beide hätten zudem die Bedeutung der laufenden Verhandlungen betont, denn, so der Papst: „Diejenigen, die die Rechnung für den Krieg bezahlen, sind Menschen, es sind die russischen Soldaten und es sind die Menschen, die bombardiert werden und sterben“.

Lesen sie hier unsere Berichte zur Ukraine

Der Mitteilung zufolge sagte Franziskus weiter: „Früher sprach man sogar in unseren Kirchen von einem heiligen Krieg oder einem gerechten Krieg.“ Heute könne man so nicht mehr reden. Das christliche Bewusstsein für die Bedeutung des Friedens habe sich entwickelt. „Kriege sind immer ungerecht. Denn es ist das Volk Gottes, das zahlt“, habe Franziskus geschlossen. In der bereits vorher verbreiteten Mitteilung des Moskauer Patriarchats hatte es geheißen, man habe ausführlich „die Situation auf ukrainischem Boden“ erörtert. Besonders sei es um die humanitären Aspekte „der aktuellen Krise“ gegangen sowie um „Maßnahmen der russisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche zur Überwindung ihrer Folgen“.

Beide Seiten würden dem „laufenden Verhandlungsprozess“ große Bedeutung zumessen. Sie hofften zudem, „dass so bald wie möglich ein gerechter Frieden erreicht werden kann“. Nach Angaben beider Seiten nahmen an dem Gespräch neben Franziskus und Kyrill auch der für Ökumene zuständige Kurienkardinal Kurt Koch und der Außenbeauftragte des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, sowie jeweils ein weiterer Mitarbeiter teil.

Keine Distanzierung

Kyrill I. wandte sich unterdessen am Mittwochnachmittag in einer schriftlichen Botschaft „im Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine“ erstmals direkt an die Geistlichen und Gläubigen seiner Kirche. „Wir erleben heute eine schwierigen historische Phase“, schrieb der Patriarch. „Alle unsere Gedanken, Sorgen und Gebete sind mit den aktuellen Vorgängen in der Ukraine verbunden.“ In schwierigsten Zeiten habe das russische Volk stets Hilfe bei der Mutter Gottes gesucht, „die immer eine fleißige Fürsprecherin und Beschützerin der Heiligen Rus gewesen ist“. Als „Rus“ wird das gemeinsame Reich im Mittelalter bezeichnet, aus dem Russland, die Ukraine und Belarus hervorgingen.

Mit keinem Wort distanziert sich Kyrill I. in seinem Text, der aus drei kurzen Absätzen besteht, vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine oder von Präsident Wladimir Putin. Auch auf die Ukraine geht er nicht näher ein. Stattdessen bittet er um die Anrufung der Mutter Gottes und um Gebete für die „Wiederherstellung des Friedens“. Den Gebetstext hierfür hatte die russisch-orthodoxe Kirche bereits am 3. März veröffentlicht. Der Patriarch gilt als enger Verbündeter Putins.l.

Papst bittet um Vergebung für Krieg in der Ukraine

Papst Franziskus hat am Mittwoch erneut für die Ukraine gebetet. Dabei zitierte der Pontifex sichtlich bewegt ein Gebet des Erzbischofs von Neapel, Mimmo Battaglia, und rief alle Teilnehmer auf, „im Schmerz dieses Krieges“ mit ihm gemeinsam zu beten. „Vergib uns für den Krieg, Herr“, zitierte Franziskus aus dem selbstverfassten Gebet und „Oh Herr, stoppe die Gewalt! Halte uns auf, Herr!“.

Seit Wochen ruft der Papst zu Gebeten für Frieden in der Ukraine auf. Mit einem eindringlichen Appell hatte Franziskus zuletzt am Sonntag ein sofortiges Ende der Waffengewalt in der Ukraine gefordert. „In Gottes Namen bitte ich euch: Beendet dieses Massaker!“, sagte er beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Dabei verurteilte er „Barbarei“ und „inakzeptable bewaffnete Aggression“, die „ganze Städte in Friedhöfe“ zu verwandeln drohe.

Papst erinnert an dramatische Lage in Syrien

Franziskus und andere Kirchenvertreter haben am Mittwoch aber auch an das Leid des seit zwölf Jahren andauernden Bürgerkriegs in Syrien erinnert. In einem Brief an die Teilnehmer eines Kongresses in Damaskus schrieb das Kirchenoberhaupt von den Konflikten, die weiterhin „Schmerz, Hunger, Tod und die ständige Flucht der Syrer“ verursachten. Zugleich würdigte Franziskus die „großen Anstrengungen, die unternommen werden, um denen, die bleiben, Hoffnung und Zukunftsperspektiven zu bieten“.

Mit einem Bezug auf das „unermessliche Leid für unsere Brüder und Schwestern in der Ukraine“ warnte der Papst zugleich davor, dass dem osteuropäischen Land ein ähnliches langjähriges Elend drohen könne wie in Syrien. Anlass des Grußwortes ist eine mehrtägige Versammlung, organisiert von der vatikanischen Ostkirchen-Behörde in der syrischen Hauptstadt. Sie steht unter dem Motto „Kirche als Haus der Nächstenliebe – Synodalität und Zusammenarbeit“.

Hoffnung für Syrien

Kardinal Leonardo Sandri, Leiter der Kongregation für die Orientalischen Kirchen, nannte einem Bericht von Vatican News (Mittwoch) zufolge die kirchliche Versammlung ein Zeichen der Hoffnung für Syrien. Das Zusammensein könne helfen, als katholische Kirche in Syrien „Verantwortung vor allem gegenüber den jüngeren Generationen und den schwächeren Teilen unserer Gemeinschaften zu spüren“. Zur Synodalität gehöre es auch, soweit die Kirche es könne, Gegenwart und Zukunft „dieser Menschen und dieses geliebten Landes zu verwirklichen“.

Bereits am Dienstag hatte der päpstliche Nuntius in Syrien, Kardinal Mario Zenari, beklagt, dass die Libanon-Krise, die Corona-Pandemie und der Krieg gegen die Ukraine die Lage in Syrien aus den Medien verdrängt habe. In Syrien gehe der Krieg in sein zwölftes Jahr, die Menschen litten nach wie vor unter Krieg, Gewalt und wachsender Armut, so der Nuntius: „Das Vergessenwerden schmerzt die Menschen sehr.“ Nach wie vor gebe es keine Anzeichen für einen Wiederaufbau oder eine wirtschaftliche Erholung, berichtete der Vatikandiplomat, der den Papst seit 2008 in Damaskus vertritt. Der von den UN vorgesehene Friedensprozess sei zum Stillstand gekommen. „Nur die Armut schreitet sprunghaft voran“, so Zenari. Wegen der Folgen der Sanktionen spreche man nun von einem Wirtschaftskrieg.

kna

Lesen sie hier unsere Berichte zur Ukraine