Köln: Beraterstab setzt sich über Empfehlungen der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung hinweg

Der Beraterstab des Erzbistums Köln zum Umgang mit sexuellem Missbrauch hat sich offenbar über Empfehlungen der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) zur anstehenden Neubildung des Kölner Betroffenenbeirats hinweggesetzt.
Der Beraterstab des Erzbistums Köln zum Umgang mit sexuellem Missbrauch hat sich über Empfehlungen der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) zur anstehenden Neubildung des Kölner Betroffenenbeirats hinweggesetzt. Dies berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger (Mittwoch-Ausgabe).

–Foto: © Barbara Dietl / www.dietlb.de

Der Beraterstab des Erzbistums Köln zum Umgang mit sexuellem Missbrauch hat sich über Empfehlungen der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) zur anstehenden Neubildung des Kölner Betroffenenbeirats hinweggesetzt. Dies berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger (Mittwoch-Ausgabe). Die Unabhängige Beauftragte, Kerstin Claus, zeigte sich demnach enttäuscht.

Erzbistum hatte Referentin eingeladen

Im Februar hatte das Erzbistum bekanntgegeben, dass Jana Charlet, beim UBSKM zuständige Referentin für den Bereich “Aufarbeitung in den Kirchen”, Anfang März an einer Sondersitzung des Beraterstabs teilnehmen “und ihre Expertise für ein gelingendes Auswahlverfahren einbringen” werde. Der Initiative dazu kam von Bistumsverwalter Rolf Steinhäuser in der Zeit der Beurlaubung des Kölner Erzbischofs Kardinal Rainer Maria Woelki.

Laut Angaben des “Kölner Stadt-Anzeigers” hatte Charlet bei dieser Gelegenheit unter anderem empfohlen, die Bewerbungsfrist für Betroffene zur Mitarbeit im Beirat deutlich zu verlängern und stärker auf Betroffene zuzugehen, um sie über die Möglichkeit einer Mitarbeit zu informieren. Auch sollte die Leitung des Auswahlverfahrens an eine unabhängige Stelle mit Betroffenenexpertise gehen und so der Partizipationsprozess für bisher nicht beteiligte Betroffene geöffnet werden.

Vorausgegangen waren Auseinandersetzungen über die künftige Besetzung des Beirats. Unter anderem wurden Vorbehalte gegen den amtierenden Vorsitzenden Peter Bringmann-Henselder laut. Dieser sei wiederholt als entschiedener Verteidiger Woelkis aufgetreten, sagen Kritiker.

Sondersitzung des Beraterstabs

In einer Sondersitzung des Beraterstabs am 19. April zur Neubesetzung des Betroffenenbeirats ignorierte das Gremium Charlets Ratschläge und empfahl Kardinal Rainer Maria Woelki mehrheitlich, die derzeit fünf Mitglieder des Betroffenenrats für eine zweite Amtszeit sowie zusätzlich zwei Kandidaten neu zu ernennen.

Das Erzbistum erklärte der Zeitung auf Anfrage, die Entscheidung des Beraterstabs liege noch nicht vor. Sie bilde die Basis für die Ernennung durch Woelki, die in den nächsten Wochen erwartet werde. Claus sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger, sie “bedauere sehr”, dass der Beraterstab des Erzbistums den UBSKM-Empfehlungen für das aktuelle Auswahlverfahren nicht gefolgt sei. Dass das Erzbistum jedoch gleichzeitig prüfen wolle, „welche Beteiligungsmöglichkeiten für Betroffene geschaffen werden können, die sich nicht in Form eines Beirats organisieren wollen, ist eine positive Perspektive.“

Der Betroffenenbeirat bestand zunächst aus zehn Mitgliedern. Die beiden Sprecher Patrick Bauer und Karl Haucke verließen das Gremium, nachdem die Erzdiözese Ende Oktober 2020 ein erstes Missbrauchsgutachten nicht wie zunächst angekündigt veröffentlichen ließ. Das Gutachten sei mangelhaft und nicht rechtssicher, hieß es zur Begründung. Der Betroffenenbeirat bekundete zu diesem Schritt zunächst seine Zustimmung. Später erklärten Bauer und Haucke jedoch, sie seien überrumpelt worden. Auch andere Mitglieder verließen den Beirat. Derzeitiger Sprecher des Gremiums ist Peter Bringmann-Henselder.

rwm/kna