Theodor-Heuss-Preis für Memorial International aus Russland

Die von der Putin-Regierung verbotene russische Menschenrechtsorganisation Memorial International hat am Samstag in Stuttgart den Theodor-Heuss-Preis erhalten. Mitgründerin Irina Scherbakowa nahm die Auszeichnung entgegen.
Die von der Putin-Regierung verbotene russische Menschenrechtsorganisation Memorial International hat am Samstag in Stuttgart den Theodor-Heuss-Preis erhalten. Mitgründerin Irina Scherbakowa nahm die Auszeichnung entgegen.

Irina Scherbakowa –Foto: privat

Die von der Putin-Regierung verbotene russische Menschenrechtsorganisation Memorial International hat am Samstag in Stuttgart den Theodor-Heuss-Preis erhalten. Die Jury würdigte die Arbeit der Organisation als „weltweites Vorbild für die mutige Verteidigung der Menschenrechte“. In ihrer Laudatio sagte Ex-Bundesministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) unter anderem: „Durch das Verbot sollte Memorial mundtot gemacht werden. Das wird nicht passieren. Memorial ist unverzichtbar. Putin darf die Geschichte nicht schwärzen.“

Scherbakowa Giftnebel der Lügen

Mitgründerin Irina Scherbakowa nahm die Auszeichnung entgegen und erklärte: „Wir können den Machthabern nur die Kraft der Schwachen entgegensetzen. Aber wir müssen den Giftnebel, der die historische Wahrheit verdecken soll, auflösen.“Gefragt, was angesichts des Angriffskrieges der Westen tun müsse, sagte sie: „Der Ukraine mit allen Mitteln helfen, alles andere greift nicht.“

Memorial hatte 1989 begonnen, den stalinistischen Terror aufzuarbeiten. Inzwischen ist es die größte Menschenrechtsorganisation Russlands, die Verbrechen und Folter anprangert. Memorial International wurde 1989 in Moskau unter anderem von Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründet. Angegliedert sind etwa 80 regionale Organisationen auch außerhalb Russlands. Schwerpunkte sind die Aufarbeitung von Gewaltherrschaft und das Eintreten für Menschenrechte. 2021 lösten Behörden die russischen Einrichtungen auf und nannten als Grund eine Finanzierung durch ausländische Geldgeber. Andere Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Entscheidung scharf und nannten Memorial International das „moralische Rückgrat der russischen Zivilgesellschaft“.

Die Heuss-Stiftung zeichnet seit 1965 jährlich Persönlichkeiten und Initiativen aus, die sich für Demokratie und Bürgerrechte engagieren. Die Ehrung will zur Demokratie ermutigen sowie Selbstbewusstsein und Mut von Menschenrechtsverteidigern stärken. Die Stiftung trägt den Namen des ersten Bundespräsidenten. Geehrt wurden bislang unter anderem die früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann, Walter Scheel und Richard von Weizsäcker, die Publizisten Günter Grass, Jürgen Habermas, Walter und Inge Jens sowie der Theologe Hans Küng.

kna

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