Duisburg: Historische Glocke verstummt

Nur ein Dutzend Glocken im Bistum Essen sind älter als die Christus-Glocke der Gemeinde am selbstständigen Kirchort St. Barbara Röttgersbach. Doch zumindest für einige Monate wird die 1595 gegossene Glocke nicht mehr läuten.
Nur ein Dutzend Glocken im Bistum Essen sind älter als die Christus-Glocke der Gemeinde am selbstständigen Kirchort St. Barbara Röttgersbach. Doch zumindest für einige Monate wird die 1595 gegossene Glocke nicht mehr läuten. Der Klöppel der ursprünglich aus Schlesien stammenden Christus-Glocke mit der Kreuzigungsdarstellung auf dem Glockenkörper ist gebrochen. Eigentlich hatte  man  bei der 400 Jahre alten und 2002 restaurierten Glocke mit 30 Jahren Betrieb ohne Probleme gerechnet.

Der historischen Glocke von St. Barbara in Duisburg-Röttgersbach fehlt der Klöppel –Foto: gsb

Nur ein Dutzend Glocken im Bistum Essen sind älter als die Christus-Glocke der Gemeinde am selbstständigen Kirchort St. Barbara Röttgersbach. Doch zumindest für einige Monate wird die 1595 gegossene Glocke nicht mehr läuten. Der Klöppel der ursprünglich aus Schlesien stammenden Christus-Glocke mit der Kreuzigungsdarstellung auf dem Glockenkörper ist gebrochen. Eigentlich hatte man bei der 400 Jahre alten und 2002 restaurierten Glocke mit 30 Jahren Betrieb ohne Probleme gerechnet.

Historische Glocke stammt ursprünglich aus Schlesien

Aufgefallen war der Schaden einem Ehrenamtlichen in St. Barbara, zugleich Mieter im früheren Pfarrhaus, der über ein deutliches Scheppern berichtete. Mit Verantwortlichen des Fördervereins „Rettet St. Barbara“ fand er dann den zerbrochenen, teils abgefallenen Klöppel im Turm. „Für eine Instandsetzung oder Neufertigung des Klöppels werden aktuell Angebote eingeholt“, berichtet Tobias Lechte für das ehrenamtliche St. Barbara-Führungsteam.

Abhängig davon, ob eine Reparatur oder die Neuanfertigung in der Gießerei nötig ist, rechnet St. Barbara mit mehr als 1000 bis zu einigen Tausend Euro Kosten. „Gott sei Dank sind durch den Sturz des Klöppels keine Schäden am Turm entstanden“, sagt Lechte. Die Gemeinde erhält keinerlei Kirchensteuermittel und finanziert den Unterhalt ihre Gebäude allein aus Spenden. Die Christus-Glocke wiegt nämlich insgesamt 865 Kilo. Sie bildet  mit der kleineren Barbara-Glocke und der  Trinitatis-Glocke von 1749  ein Geläut. Froh sind die Menschen in St. Barbara auch, dass ihre historisch wertvolle Glocke überhaupt mit ausreichend finanzieller Unterstützung instandgesetzt werden kann. Denn sie sei in heutiger Zeit zudem ein Zeugnis für den Frieden und gegen Krieg.

Zweimal – 1917 und nach 1940 – sollte die Glocke nach Angaben der Pfarrei für Zwecke der deutschen Kriegsindustrie eingeschmolzen werden und blieb nur zufällig erhalten. Die Nationalsozialisten hatten die Glocke im schlesischen Langenau bereits eingezogen. Sie landete schließlich auf den Glockenfriedhof in  Hamburg.

Michaelskirche wurde im 13. Jahrhundert erbaut

Dort lagerte  sie bis zum Kriegsende und kam 1952 nach Duisburg in die im Oktober dieses Jahres geweihte Barbarakirche. Während der Renovierung 2002 erhielt sie ihren neuen Klöppel, der für einige Zeit nun nicht mehr klingt. Für die Kosten der Reparatur wurde in der Barbarakirche ein Opferstock eingerichtet.

Die Glocke hing ursprünglich in der Michaelskirche von Langenau (heute Czernica), im Kreis Löwenberg in Schlesien. Die Michaelskirche wurde im 13. Jahrhundert erbaut und wurde im Zuge der Reformation evangelisch und mit dem Einsetzen der Gegenreformation im Jahr 1655 wieder katholisch. Die Christusglocke wurde laut Gemeindeangaben von Graf Schaffgottsch zu der Zeit gestiftet, als die Kirche evangelisch war. Seit die Gemeinde wieder katholisch wurde, wurde die Glocke wegen ihres „evangelischen Ursprungs“ auch Ketzerglocke genannt. Zu der heutigen Gemeinde im heutigen Czernica bestand laut eines Pfarreiangaben in der Vergangenheit Kontakt.

So sei es vor Jahren auch zu einem Besuch aus Polen gekommen. „Eine Bitte zur Rückgabe wurde nicht vorgetragen, so dass sich die Gemeinde auch später nicht mehr mit einer solchen Frage befasst hat“, erklärte Abt Albert Dölken, Pfarrer von St. Johann, auf Anfrage. „In späteren Jahren und auch in der heutigen Pfarrei Sankt Johann, zu der St.Barbara inzwischen zählt, hat es auf dieser Grundlage keinerlei Veranlassung gegeben, sich mit der Christusglocke zu befassen“, so Dölken. Gleichwohl seien „Kirchengemeinde und die hier Verantwortlichen sensibel für solche Fragen“.

Glocke damals wohl Metallreserve für Rüstungszwecke

Eine vergleichbare Glocke ist im Besitz der Pfarrei Sankt Urbanus in Gelsenkirchen-Buer. Dort hat der Kirchenvorstand unterdessen im Januar von sich aus beschlossen, die Glocke ihrem rechtmäßigen Besitzer zurückzugegeben. Die mehr als 400 Jahre alte Bronzeglocke stammt demnach aus dem heute polnischen Radoszowy. Zurzeit regelt die Pfarrei die umfangreichen Ausfuhrformalitäten, um die Glocke an ihren Ursprungsort zurückführen zu können.

Die Nationalsozialisten zogen schätzungsweise rund 100.000 Kirchenglocken als Metallreserve für Rüstungszwecke ein. Ein Großteil wurde eingeschmolzen worden, knapp 16.000 blieben erhalten – die meisten kamen zurück in ihre Heimatgemeinden. Rund 1.300 Glocken dagegen landeten auf dem Glockenfriedhof in Hamburg, weil wegen der Ost-West-Konfrontation im Kalten Krieg eine Rückführung offenbar nicht erwünscht war.

spe

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