Ranghohe Kirchenvertreter des Erzbistums Köln fordern eine Erklärung von Kardinal Rainer Maria Woelki zu Berichten über die PR-Strategie der Bistumsleitung während der Missbrauchsaufarbeitung.
Köln – Ranghohe Kirchenvertreter des Erzbistums Köln fordern eine Erklärung von Kardinal Rainer Maria Woelki zu Berichten über die PR-Strategie der Bistumsleitung während der Missbrauchsaufarbeitung. Sollte die Strategie, die der Kölner Stadt-Anzeiger am Freitag enthüllt hatte, tatsächlich von Woelki so gebilligt worden sein, entspräche dies „einer moralischen Bankrotterklärung der Bistumsleitung“, schrieb der Kölner Stadtdechant Robert Kleine am Montagabend auf Facebook. Das Erzbistum und der Kardinal „können und dürfen sich jetzt keine Kommunikationsfehler mehr leisten und müssen klar benennen, was Auftrag der PR-Berater war“.
Als Stadtdechant ist Kleine Vertreter der katholischen Kirche in der Stadt Köln. Sein Amtskollege in Bonn, Wolfgang Picken, forderte ebenfalls eine Stellungnahme des Erzbischofs. Sollten die Vorwürfe aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zutreffen, werde die Krise im Erzbistum vermutlich einen neuen Tiefpunkt erreichen, warnte Picken: „Wenn der Betroffenenbeirat des Erzbistums bewusst instrumentalisiert worden ist, macht das den bereits im Raum stehenden Vorwurf verständlich, Kardinal Woelki habe Missbrauchsopfer erneut missbraucht und ihre Retraumatisierung in Kauf genommen.“
Die Zeitung hatte über interne Unterlagen von Woelkis PR-Beratern berichtet. Demnach rieten die Fachleute dem Kardinal und seinem damaligen Generalvikar Markus Hofmann unter anderem, den Betroffenenbeirat des Erzbistums auf ihre Linie zu bringen, was einen Gutachter-Wechsel im Oktober 2020 anging. Die Berater sollen Tipps gegeben haben, wie dieses Ziel zu erreichen und die Betroffenen zu überzeugen seien. Später zogen sich mehrere Mitglieder des Betroffenenbeirats aus dem Gremium zurück. Sie seien bei der Zustimmung zu dem Gutachter-Wechsel überrumpelt worden und fühlten sich ein zweites Mal missbraucht.
Mehrere Betroffenenvertreter kritisierten am Wochenende die nun enthüllte Strategie, während die PR-Berater das Vorgehen verteidigten. Das Erzbistum selbst wollte sich zu den „vertraulichen Papieren“ nicht äußern. Zwischen 2019 und 2021 hatte es 820.000 Euro für die Kommunikationsberatung des in die Vertrauenskrise geratenen Kardinals ausgegeben.
Vor rund einem Jahr schaltete sich Papst Franziskus in die Kölner Vorgänge ein und hielt nach einer Untersuchung fest, dass Woelki „große Fehler“ vor allem in der Kommunikation gemacht habe. Der Kardinal bot nach Aufforderung des Papstes seinen Rücktritt an, über den Franziskus noch entscheiden muss.