Der südkoreanische Kurienkardinal Lazarus You wirbt für ein verändertes Priesterbild in der katholischen Kirche.
Vatikanstadt –Der südkoreanische Kurienkardinal Lazarus You wirbt für ein verändertes Priesterbild in der katholischen Kirche. Im Interview der Vatikanzeitung L’Osservatore Romano (Dienstag) gibt er Einblicke in sein theologisches und kirchliches Denken. You berichtet, dass er selbst aus einer nichtchristlichen Familie stamme und mit 16 Jahren getauft worden sei. Seinen Weg zum Glauben habe er über den Religionsunterricht in einer katholischen Schule gefunden. Später hätten ihm Ordensschwestern geraten, Priester zu werden.
Kardinal You bezeichnet Papst Franziskus als Vorbild
Als sein Vorbild nannte You den koreanischen Märtyrerpriester Andrea Kim Taegon (1821-1846). Wie dieser sei auch er bereit, sein Leben für die Kirche zu opfern. You, der als erster Koreaner der Kirchengeschichte eine Vatikanbehörde leitet, erklärte, dass er wegen seiner vom Konfuzianismus geprägten Haltung weniger Probleme mit Hierarchien und Gehorsam habe. Der zur Fokolarbewegung gehörende Kardinal bezeichnete Papst Franziskus als Vorbild. Er lehre Katholiken, zur Botschaft des Evangeliums zurückzukehren und es zu leben. Zur Lage der Kirche im 21. Jahrhundert bemerkte You: „Das Ende der Christenheit zwingt uns, unsere Präsenz in der Welt radikal zu überdenken. Und die Antwort, die Franziskus darauf gibt, ist genau dies: das Evangelium leben.“
You, der die vatikanische Klerus-Behörde leitet und damit für Ausbildung und Disziplin von rund 500.000 katholischen Priestern weltweit zuständig ist, äußerte sich auch zum heutigen Selbstverständnis des katholischen Priestertums. Wegen der unterschiedlichen Kulturen sei es von Land zu Land verschieden. Grundlegend sei aber „die Sakramentalität des Amtes, die das Priestertum Jesu nachahmt“. Dabei gehe es nicht um einen exklusiven Status, sondern darum, das Gesetz der Liebe zu leben. Priester seien berufen, den Menschen den Weg zur Liebe Gottes zu zeigen. Das könne nur gelingen, wenn sie selbst entsprechend lebten.
Geweihtes Priestertum existiert nur, weil es ein allgemeines Priestertum aller Getauften gibt
„Die Liebe besteht nicht in der Suche nach einer Vollkommenheit, die durch menschliche Begrenztheit behindert wird, sondern darin, diese Begrenztheit barmherzig anzunehmen“, so der 71-Jährige. Priester-Sein im säkularisierten und entchristlichten Westen unterscheide sich stark von dem in Afrika oder Asien. Gemeinsam sei aber das Gesetz der Liebe. Auf die Frage, ob es einen substanziellen Unterschied zwischen geweihten Priestern und Laien in der Kirche gebe sagte You, Priester müssten immer bedenken, dass das geweihte Priestertum nur existiere, weil es ein allgemeines Priestertum aller Getauften gebe, und nicht umgekehrt.
Zur Rolle der Frau in der katholischen Kirche bemerkte der koreanische Kardinal: „Wir erwecken noch oft den Eindruck, eine Männerwelt zu sein, und deshalb haben wir in der Gesellschaft oft einen schlechten Ruf.“ Doch dank der Impulse von Papst Franziskus und dank theologischer und pastoraler Entwicklungen sei die Kirche auf einem Weg der Veränderung. „Wir müssen gute und gangbare Wege finden, um einige kirchenrechtliche Dinge bezüglich Leitung und Verantwortung in der Kirche zu überwinden.“ Zu einer möglichen sakramentalen Weihe von Frauen äußerte sich You in dem Interview nicht.