Der frühere Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, dringt darauf, Antisemitismus auch in der Mitte der Gesellschaft im Blick zu behalten.
Frankfurt – Der frühere Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Salomon Korn, dringt darauf, Antisemitismus auch in der Mitte der Gesellschaft im Blick zu behalten. Zwar komme nach wie vor die größte Gefahr aus dem rechtsextremem Spektrum, sagte Korn in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Frankfurt. Heute seien aber auch andere Kreise eher bereit, ihre Vorurteile auszudrücken: „Wir müssen momentan das Augenmerk auf die Mitte der Gesellschaft richten, wo Dämme gebrochen sind.“
Das Bundeskriminalamt hatte für 2021 einen Höchststand von bundesweit 3.027 antisemitisch motivierten Straftaten verzeichnet. Die Mehrheit wurde dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet. Korn, der Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main ist, betonte, dass in der Stadt gute Kontakte mit Musliminnen und Muslimen bestünden. Zugleich sagte er, dass es Zuwanderer aus Staaten gebe, die sich stark gegen Israel positionierten – „eine Minderheit ist radikal geblieben“.
Korn: Bildung eine Maßnahme gegen Antisemitismus
Bildung sei eine Maßnahme gegen Antisemitismus. Sie müsse frühzeitig anfangen, um die deutsche Geschichte aufzuarbeiten. „Man muss den jungen Menschen vermitteln, dass Juden nachweislich seit mehr als 1.700 Jahren in Deutschland leben und stets einen großen Beitrag geleistet haben.“ Korn äußerte sich in dem Interview anlässlich seines 80. Geburtstages am 4. Juni.
Salomon Korn wurde1943 im polnischen Lublin geboren. Als Dreijähriger kam er mit seinen Eltern nach dem Zweiten Weltkrieg in ein Lager für „Displaced Persons“ (DPs) nach Frankfurt am Main. Nach Angaben des Zentralrats der Juden in Deutschland gab es zunächst rund 200.000 Juden aus Osteuropa, die nicht mehr in ihre alte Heimat zurückkehren konnten oder wollten.
Zahlreiche Ämter
Korn studierte später Architektur und Soziologie und promovierte 1976. Unter anderem entwarf er für die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main das Ignatz-Bubis-Gemeindezentrum, das 1986 eröffnet wurde. Seit 1999 ist er Vorstandsvorsitzender der Gemeinde, und von 2003 bis 2014 war er Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Hinzu kommen weitere Ämter. So ist Korn etwa auch Mitglied des Universitätsrats der Universität Heidelberg, des ZDF-Fernsehrats und des Senats der deutschen Nationalstiftung. Korn ist Vater von drei Kindern und hat neun Enkel.