Experte: Kirchen verlieren an Bedeutung – Esoterik füllt „Lücke“

Esoterische Angebote profitieren nach Einschätzung von Fachleuten auch vom Bedeutungsrückgang der Kirchen.

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Esoterische Angebote profitieren nach Einschätzung von Fachleuten auch vom Bedeutungsrückgang der Kirchen. “Hier kann der Esoterikmarkt in eine Lücke stoßen”, sagte der Psychotherapeut Stephan Herpertz in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Zwar träten viele Menschen aus den Kirchen aus, doch sie suchten “anderswo nach Sinnhaftigkeit. Je mehr der Zuspruch zu einer großen Religion zurückgeht, desto mehr wird sie durch andere Glaubensinhalte ersetzt.”

Aus Sicht von Herpertz, der auch Präsident des Deutschen Kollegiums für Psychosomatische Medizin ist, wächst “eine Art Esoterik-Markt, zu dem Astrologie dazugehört”. Es gebe auch “wissenschaftlich ambitionierte Menschen, die gerne einmal ein Horoskop lesen”. Entscheidend sei die Frage, ob dahinter ein eher augenzwinkerndes Interesse stecke oder ernsthafte Glaubensabsichten.

Die Übergänge seien fließend: Um ernsthaft dafür “empfänglich zu sein, bedarf es einer Grundhaltung, die ich als eher der Wissenschaft abgeneigt bezeichnen würde”, so der Klinikdirektor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Ruhr-Universität Bochum. “Bei denjenigen, die dies nicht als Kommunikationsmittel bis hin zum Spaß nutzen, scheint eine gewisse Anti-Wissenschaftlichkeit vorhanden zu sein.”

Zudem werde die Esoterik heute bisweilen als eine Art gesellschaftlicher Supermarkt bezeichnet: “Ich kann ganze Glaubensgebäude übernehmen, erfahre Sinn und Gemeinschaft – aber im Gegensatz insbesondere zu monotheistischen Religionen kann ich mir überall etwas besorgen. Ich kann Elemente einer Religion übernehmen, etwas aus dem Hinduismus, aus der Astrologie, aus alten Kulten oder dem Schamanismus.” Auf diese Weise entstünden “tausend individuell gebastelte Sinnzusammenhänge, die sich sogar widersprechen können”, erklärte Herpertz.