Erzbischof Koch: Beim Lebensschutz auch strategisch denken

Bei politischen Entscheidungen zu Fragen des Lebensschutzes gilt es nach Ansicht des Berliner Erzbischofs Heiner Koch auch „schmerzhafte Kompromisse“ abzuwägen.
Bei politischen Entscheidungen zu Fragen des Lebensschutzes gilt es nach Ansicht des Berliner Erzbischofs Heiner Koch auch "schmerzhafte Kompromisse" abzuwägen.

Dr. Heiner Koch, Erzbischof von Berlin, Foto: Erzbistum Berlin-Walter Wetzler

Bei politischen Entscheidungen zu Fragen des Lebensschutzes gilt es nach Ansicht des Berliner Erzbischofs Heiner Koch auch „schmerzhafte Kompromisse“ abzuwägen. „Natürlich ist es für jeden Christen schmerzhaft, wenn der Lebensschutz durch Entscheidungen der Politik in Frage gestellt oder sogar ausgehöhlt wird. In einer Demokratie wird man die eigenen Überzeugungen aber nie zu einhundert Prozent verwirklicht sehen“, sagte er im Interview des Internetportals katholisch.de (Mittwoch).

„Deshalb sollte man auch als Christ strategisch denken und sich bei Gesetzesvorlagen zum Lebensschutz immer fragen, mit welcher Vorlage am meisten für den Lebensschutz erreicht werden kann – auch wenn das mitunter zur Folge hat, dass man schmerzhafte Kompromisse eingehen muss“, sagte Koch. Als Beispiel nannte er die aktuelle Debatte um eine mögliche Streichung von Paragraf 218 zum Schwangerschaftsabbruch: „Unter den gegebenen Umständen bin ich eher für eine Beibehaltung des Paragrafen und damit für eine Regelung, mit der ich mich nach wie vor schwertue.“

Eine Streichung jedoch wäre nach Kochs Worten ein dramatischer Angriff auf den Schutz ungeborener Kinder: „Wir dürfen nicht hinnehmen, dass der in den 1990er Jahren mühsam erreichte Kompromiss beim Abtreibungsstrafrecht immer weiter ausgehöhlt wird.“ In diesem Zusammenhang kritisierte er, dass Kirchen nicht an einer Ende März eingerichteten Kommission beteiligt sind, die im Auftrag der Bundesregierung eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts prüfen soll.

Mit Blick auf den „Marsch für das Leben“ am kommenden Samstag in Berlin sagte Koch, er sei dankbar, dass Menschen öffentlich für den Schutz des Lebens einträten. „Ich halte dies vor allem deshalb für wichtig, weil das Bewusstsein für den Wert des Lebens von seinem Anfang bis zu seinem Ende nach meinem Eindruck seit einiger Zeit schwindet.“ Die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens werde mehr und mehr in Frage gestellt. „Dem müssen gerade wir Christen uns mit aller Macht entgegenstellen.“

Kritiker werfen den Organisatoren und Teilnehmern der vom Bundesverband Lebensrecht organisierten Demo vor, mit Rechtspopulisten zu sympathisieren. Prominente AfD-Politiker wie Beatrix von Storch nahmen mehrfach teil. Koch sagte, er würde nicht mehr teilnehmen, wenn klar rechte Personen oder Gruppen eine führende Rolle bei der Veranstaltung übernähmen oder gar in der Trägerschaft tätig würden. „Das kann ich derzeit aber nicht erkennen. Im Gegenteil: Ich nehme eher wahr, dass man von Seiten der Veranstalter heute auf eine größere Distanz zu entsprechenden Leuten achtet.“

kna