Forscher: Im Kampf gegen Klimawandel mehr Verzicht wagen

Beim Kampf gegen den Klimawandel fordert Umweltökonom Jefim Vogel einen Abschied vom reinen Wachstumsgedanken in der Wirtschaft.

Beim Kampf gegen den Klimawandel fordert Umweltökonom Jefim Vogel einen Abschied vom reinen Wachstumsgedanken in der Wirtschaft. „Wenn wir die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen wollen, müssten die Industriestaaten ihre Emissionen im Schnitt pro Jahr 15-mal schneller reduzieren“, begründete der an der britischen Universität Leeds tätige Forscher in einem „Spiegel“-Interview (Samstag) seine Sicht der Dinge. „Selbst das 1,7-Grad-Ziel scheint kaum erreichbar, solange die Wirtschaft weiterwächst, also immer mehr produziert und konsumiert wird. All das trägt ja zu höherem Energieverbrauch und mehr Emissionen bei.“

Vogel schlug vor, mehr Verzicht zu wagen. „Wir sprechen vom Post-Wachstums-Modell, in dem die Nachfrage gezielt und auf faire Weise reduziert wird“, so der Forscher. „Es gibt Wirtschaftsbereiche, die es für das menschliche Wohlbefinden braucht. Und andere, in denen wir reduzieren können, ohne menschliches Wohlbefinden einzuschränken.“

Auf die Frage, was genau er damit meine, antwortete Vogel: „Man muss nicht zigmal im Jahr in den Urlaub fliegen oder ein tonnenschweres SUV fahren. Auch Fleisch, Fast Fashion, Kreuzfahrten oder Privatjets sind verzichtbar. In der Mobilität müssen wir mehr auf öffentliche Transportmittel oder den Radverkehr setzen, im Gebäudesektor können wir durch bessere Isolierung viel Energie sparen. Und natürlich müssen wir fossile Energien durch erneuerbare ersetzen.“

Einerseits gelte es zu vermitteln, dass Verzicht nicht per se negativ sei, sondern im Gegenteil sogar die Lebensqualität erhöhen könne. „Grüne Städte haben weniger Luftverschmutzung und Lärmbelastung, sie werden im Sommer weniger heiß und sind lebenswerter. Und wenn man kein Auto braucht, spart man in der Regel viel Geld.“

Andererseits habe der Ruf nach weniger Konsum vor allem Konsequenzen für die Wohlhabenden, fügte der Wissenschaftler hinzu. „Sie verfügen nicht nur über den Großteil des materiellen Vermögens, sondern konsumieren am meisten und verursachen damit auch die meisten Emissionen. Vielflieger machen in einem Jahr mehr Flugreisen als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben. Muss das sein?“

kna