Psychologe: Mehrheit der Missbrauchstäter nicht pädophil

Die meisten Täter in Fällen von Kindesmissbrauch handeln nach Angaben des Psychologen Rainer Banse nicht aus einem pädophilen Antrieb.

Die meisten Täter in Fällen von Kindesmissbrauch handeln nach Angaben des Psychologen Rainer Banse nicht aus einem pädophilen Antrieb. „Übergriffe sind bei ihnen Ersatzhandlungen. Eigentlich präferieren sie Erwachsene, sind sie nicht zugegen, ‚benutzen‘ sie ein Kind“, sagte der in Bonn lehrende Forscher im Interview der „Welt“ (Dienstag). Im familiären Umfeld würden etwa die meisten Taten von solchen „opportunistischen Tätern“ begangen.

Im außerfamiliären Bereich plädierte der Psychologe für bessere Präventionsmaßnahmen. Die meisten Fälle könnten etwa dadurch verhindert werden, dass potenziellen Tätern keine Gelegenheit mehr gegeben werde. „Die Institutionen müssen sich da nur klare Regeln geben: Niemand ist bei uns mit einem Kind alleine, schon gar nicht, wenn sich jemand dabei auszieht.“ Viele Organisationen scheuten sich aber, eine solche „Null-Toleranz-Kultur“ einzuführen, etwa weil sie fürchteten, dadurch ihre Mitglieder unter Generalverdacht zu stellen, so Banse. „Dabei würde so ein Kodex auch die Männer schützen, übergriffig zu werden.“

Zudem forderte der Forscher eine professionelle und ernsthafte Ermittlung bei Missbrauchsvorwürfen sowie mehr Aufmerksamkeit für Betroffene. „Immer wieder, ob in der Odenwald-Schule, in der katholischen oder der evangelischen Kirche, in Sportvereinen ist das Gegenteil passiert“, kritisierte Banse. „Man hat den Opfern nicht geglaubt, sie unter Druck gesetzt, aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, ihre Geschichten verschwinden lassen.“

kna