Tänzerinnen und Tänzer könnten eine neue Dimension in einen Gottesdienst hineinbringen, meint der Theologe Albert Gerhards. Er äußert sich auch zu Discos und Techno-Musik in Kirchen.
Bonn – Der katholische Bonner Theologe Albert Gerhards plädiert für mehr Offenheit bei der Nutzung kirchlicher Räume. Dazu könne zum Beispiel auch Tanz in Kirchen gehören, sagte der Liturgiewissenschaftler im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Kirche ist Lebensraum aller, die sich miteinander und vor Gott ausdrücken wollen”. Tänzerinnen und Tänzer könnten eine neue Dimension in einen Gottesdienst hineinbringen. Ebenso könnten Bilder oder Kunstinstallationen im Kirchenraum eine starke Erfahrung sein, so Gerhards.
Gleichzeitig mahnte der Experte Grenzen der Nutzung von Kirchen an. Gottesdienst solle immer zur Begegnung mit Gott und mit anderen Menschen führen. Ob es zum Beispiel Discos in Kirchen geben darf oder Techno-Musik in die Kirche gehört, müsse in jedem Einzelfall neu ausdifferenziert und -diskutiert werden.
Gerhards: „Kirche stand dem Tanzen immer eher abgeneigt gegenüber“
„Kirche stand dem Tanzen immer eher abgeneigt gegenüber. In der alten Kirche gab es ein Verbot antiker Kulte. Dazu gehörte auch der Tanz und alles, was mit Sexualität und Ekstase zu tun hat. Man wollte das Gegenteil, die Verinnerlichung“, so Gerhards. Ab dem vierten und fünften Jahrhundert habe sich Liturgie im heutigen Sinn entwickelt. „Da finden wir etwa Prozessionen und das Umschreiten von heiligen Orten wie dem Altar. Liturgie hat oft eine Nähe zumindest zu Grundformen des Tanzes“, sagte der Wissenschaftler.
Im religiösen Leben jenseits von priesterlich geleiteter und kirchlich geregelter Liturgie habe es immer Formen des Tanzes gegeben, zum Beispiel in den lateinamerikanischen und asiatischen Ländern und in vielen ostkirchlichen Riten. „In der äthiopischen Kirche ist Liturgie ohne Tanz gar nicht denkbar. In der römisch-katholischen Kirche gibt es heute Überschneidungen von Tanz und Liturgie, aber auch Ressentiments.“, sagte Gerhards.