Bischof Genn: „Macht abgeben“ als Folge aus Missbrauchskandal

Der Münsteraner Bischof Felix Genn mahnt mit Blick auf den Missbrauchskandal in der katholischen Kirche konsequentes Handeln und deutliche Veränderungen an.
Essen/Münster – Der Münsteraner Bischof Felix Genn mahnt mit Blick auf den Missbrauchskandal in der katholischen Kirche konsequentes Handeln und deutliche Veränderungen an. "Für mich ist das die erschütterndste Erfahrung: dass Priester zu sowas fähig sind und Menschen dieses unsagbare Leid zufügen", sagte Genn der "Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung" (Donnerstag) im Hinblick auf ein im Sommer vorgelegtes Gutachten, das fast 600 Missbrauchsfälle und etwa 200 Täter seit 1945 für das Bistum Münster nennt.

Bischof Felix Genn –Foto: cbm

Der Münsteraner Bischof Felix Genn mahnt mit Blick auf den Missbrauchskandal in der katholischen Kirche konsequentes Handeln und deutliche Veränderungen an. „Für mich ist das die erschütterndste Erfahrung: dass Priester zu sowas fähig sind und Menschen dieses unsagbare Leid zufügen“, sagte Genn der Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung“ (Donnerstag) im Hinblick auf ein im Sommer vorgelegtes Gutachten, das fast 600 Missbrauchsfälle und etwa 200 Täter seit 1945 für das Bistum Münster nennt.

Die Kirche habe aber Konsequenzen gezogen und „begonnen, Strukturen zu verändern, die sexuellen Missbrauch in der Vergangenheit mit ermöglicht haben“. Dazu gehöre vor allem eine neue Verteilung von Macht und Verantwortung. Gennbetonte: „Ich möchte Macht abgeben.“

Auch der Krieg in der Ukraine habe ihn zutiefst erschüttert: „Ich kann mich an ein Zitat von Königin Elizabeth erinnern, die mal von einem Annus horribilis gesprochen hat“, sagte Genn. „Wenn mitten in Europa ein Krieg ausbricht, dann ist das ein Schreckensjahr.“

Derzeit seien viele Menschen in Sorge um Inflation und steigende Energiepreise, andere wiederum seien froh über wieder geöffnete Weihnachtsmärkte. „Aber ich erlebe in Begegnungen auch immer wieder Leute, die sich sehr ernsthaft Gedanken machen über den Krieg und die sich um den Zusammenhalt in der Gesellschaft sorgen. Da sehe ich meine Aufgabe als Bischof: Wenigstens für das, was uns an Verwerfungen noch drohen kann, zu sensibilisieren.“

Gerade an diesem Weihnachten sei es eine besondere Herausforderung, die Botschaft vom „Frieden auf Erden“ mit der Realität zu verknüpfen, so der katholische Bischof. „Da bin ich immer noch von der Hoffnung getragen, dass Krieg nicht von Dauer sein wird, weil er nur zerstört und nur Leiden bringt. Der Krieg hat nicht das letzte Wort, sondern die Liebe wird siegen!“ Deshalb werde er den Menschen an Weihnachten empfehlen, „der Botschaft der Weihnacht zu trauen und im Kleinen zu beginnen“. In der Bibel werde der Freudenbote, der Frieden ankündigt, willkommen geheißen. „Das muss nicht immer ein Prophet sein, der da kommt. Das kann jeder von uns sein“, sagte Genn.

Auch wenn die Kirche Mitglieder verliere, wolle er die Menschen weiterhin einladen. „Es bleibt wichtig, sich für das Gute mit aller Kraft einzusetzen, aber auch mit dem Bewusstsein, dass unsere Kräfte begrenzt sind“, so der Bischof. „Es gibt für die Kirche keinen Weg zurück, aber einen Weg nach vorne. Wir haben durchaus noch Potenzial und werden am Ziel festhalten, Menschen für die befreiende Botschaft Jesu Christi zu begeistern.“

Der seit 2019 laufende Reformprozess „Synodaler Weg“ werde nicht die Massen in die Kirchen zurückbringen, was auch nie das Ziel gewesen sei. „Es ist aber alternativlos, einander zuzuhören und Kirche dann neu zu gestalten“, gab Genn zu bedenken. „Da ist im Rahmen des Synodalen Wegs schon sehr viel mehr bewegt und erreicht worden, als die Schlagzeilen es vermuten lassen.“ Im Synodalen Weg beraten deutsche Bischöfe und Laienvertreter über Themen wie Macht, Priestertum und Sexualmoral sowie um die Rolle der Frauen in der Kirche.

kna