Bischöfe wollen Missbrauchs-Aufarbeitung auf neue Füße stellen

Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt auf neue Füße stellen.
Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt auf neue Füße stellen.

Bischof Dieser –Foto: Bistum Aachen/Andreas Steindl

Die katholischen Bischöfe in Deutschland wollen die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt auf neue Füße stellen. Ziel sei es, das Vorgehen der Kirche in Deutschland gegen sexuellen Missbrauch und für eine bessere Prävention zu vereinheitlichen, zu bündeln und weiterzuentwickeln, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, am Donnerstag zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe in Dresden. Es gehe den Bischöfen dabei um die konsequente Einbeziehung der Betroffenenperspektive.

Bereits am Donnerstag hatten die Bischöfe ihr neues Konzept vorgestellt. Zentrales Element ist die Gründung eines Expertenrats, der die Aufarbeitung vorantreiben und die Prävention unterstützen soll. Ihm sollen bis zu zehn Mitglieder unterschiedlicher Fachbereiche angehören, etwa aus Justiz, Medizin, Psychologie, Soziologie und Kriminalistik. Ferner sollen zwei Vertreter des bereits bestehenden Betroffenenbeirats dem Gremium angehören. Zum Januar 2024 soll der Expertenrat seine Arbeit aufnehmen.

Hauptaufgaben sind jährliche, öffentliche Berichte zur Erfassung aller Aufarbeitungs- und Präventionsmaßnahmen in den einzelnen Bistümern. Auch soll das Gremium die Umsetzung vereinbarter Standards und Richtlinien überprüfen und Empfehlungen zur Verbesserung und Weiterentwicklung geben.

Die Bischöfe hoffen, dass auch der Staat das Gremium unterstützt. Am Donnerstag hatte der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, der Aachener Bischof Helmut Dieser, für die Beteiligung von Parteien und Parlamenten an dem Gremium geworben. Der Expertenrat sei zwar kein politisches Instrument, betonte er, aber er brauche eine “gesellschaftlich anerkannte und kompatible Legitimation”. Dabei könne die Politik helfen, sagte Dieser.

Laut Dieser wäre es der Bischofskonferenz am liebsten, wenn die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Kerstin Claus, mit ihrer Expertise diese Aufgabe übernehmen könnte. Sie habe zumindest schon eine Beteiligung zugesagt.

Er begrüße alle Vorstöße des Gesetzgebers, mehr Verantwortung beim Thema Missbrauch zu übernehmen, sagte Dieser. Er signalisierte aber zugleich, dass bisherige Gespräche über eine politische Beteiligung kaum Erfolge gezeigt hätten.

Hauptaufgaben sind jährliche, öffentliche Berichte zur Erfassung aller Aufarbeitungs- und Präventionsmaßnahmen in den einzelnen Bistümern sowie zum Umsetzungsstand vereinbarter Standards und Richtlinien, inklusive “dringlicher Empfehlungen” zur Verbesserung und Weiterentwicklung.

Nach den Worten Diesers soll der Expertenrat nicht zuletzt eine Antwort auf den berechtigten Vorwurf sein, dass die Kirche sich nicht selber aufklären könne. “Der Expertenrat soll eigenständig seine Arbeit wahrnehmen und uns unter einen ständigen Beobachtungsdruck und einen beständigen Rechtfertigungsdruck bringen.”

Der religionspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lars Castellucci, äußerte sich am Donnerstag kritisch zu dem Expertenrat. “Ich glaube nicht, dass ein Expertenrat mehr Durchsetzungskraft entfalten kann als die Deutsche Bischofskonferenz, die die gesamte Verantwortung für das Thema der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt trägt”, sagte er auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.

Castellucci betonte weiter, es geht jetzt nicht darum, dass interne Gremien Empfehlungen aussprächen. Für transparente Aufarbeitungsprozesse brauche es “vielmehr klare Standards, vergleichbare Kriterien und endlich scharfgestellte Konsequenzen zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt”. Dies sei die eigentliche Aufgabe der bundesweiten Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs, die nicht von kircheninternen Gremien übernommen werden könne.