Deutschland fällt auf Rangliste der Pressefreiheit aus Top 20

Deutschland setzt seinen Abwärtstrend fort und steht auf Platz 21 der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen.
Deutschland fällt auf Rangliste der Pressefreiheit aus Top 20

(Symbolfoto: Andrys Stienstra/pixabay)

Ganz vorne und ganz hinten hat sich auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen im Vergleich zum Vorjahr nichts getan: Platz eins geht an Serienprimus Norwegen, der letzte Platz wie gehabt an Nordkorea. Die Auf- und Abstiege auf den 178 restlichen Plätze belegten allerdings, dass Krisen, Kriege und die anhaltende Ausbreitung des Autoritarismus dazu geführt haben, dass die Lage der Pressefreiheit im vergangenen Jahr so instabil gewesen sei wie seit langem nicht.

„Die Aggressivität gegenüber Medienschaffenden steigt weite“, warnte der Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen, Michael Rediske. Viele Regierungen und gesellschaftliche Gruppen versuchten, kritische Berichterstattung zu unterbinden. „Demokratische Regierungen müssen Medien in ihren eigenen Ländern unterstützen, den Druck auf autoritäre Regime erhöhen und auch Exilmedien stärken.“ Desinformation dürfe nicht die Oberhand behalten.

Einige Länder zogen an Deutschland vorbei

Passend zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am Mittwoch veröffentlichte die Organisation zum 21. Mal ihre jährliche Rangliste. Viele Länder rutschten im Vergleich zum Vorjahr ab, darunter auch Deutschland, das mit Rang 21 aus den Top 20 fällt und seinen Abwärtstrend fortsetzt (2021: Rang 16, 2020: Rang 13).

Das lag laut Reporter ohne Grenzen aber nur zum Teil an der Entwicklung in Deutschland, dessen Punktzahl sich nur um 0,13 auf 81,91 von 100 möglichen Punkten verschlechterte. Vielmehr zogen einige Länder wie die Niederlande, Tschechien, Kanada, Lettland und der Slowakei vorbei. Auch Osttimor und Samoa überholten Deutschland.

Gleichwohl kritisierte die Organisation, dass Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten auch in Deutschland weiter zugenommen habe. 103 physische Angriffe habe man dokumentiert, nach 80 im Vorjahr und 63 im Jahre davor. Seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2015 sei dies der höchste Stand.

Demonstrationen gefährlichste Orte für Medienschaffende

Die allermeisten Fälle (87) des vergangenen Jahres seien in verschwörungsideologischen, antisemitischen und extrem rechten Kontexten verübt worden, hieß es. Obwohl die Corona-Pandemie abflaute, blieben Demonstrationen in Deutschland die gefährlichsten Orte für Medienschaffende. Besonders viele Angriffe zählte die Organisation in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen (24), Berlin (17) und Thüringen (13).

Bundesweit ein Problem sei hingegen die Straflosigkeit, kritisierte Reporter ohne Grenzen. So äußerten viele der betroffenen Journalistinnen und Reporter Unzufriedenheit über die Arbeit von Polizei und Justiz. Effektiver Schutz sei dringend erforderlich.

Wie viele europäische Länder steht Deutschland aber im Vergleich in Sachen Pressefreiheit ganz gut da. Europa sei nach wie vor die Weltregion, in der Journalistinnen und Journalisten am freiesten berichten könnten, hieß es. Es sei die einzige Region, in der Staaten in der Kategorie „gut“ vertreten seien.

70 Prozent der Länder problematisch

Neben den 8 „guten“ Staaten finden sich 44 mit einer „zufriedenstellenden“ Bewertung auf der Rangliste – darunter Deutschland. In 55 Ländern gibt es demnach “erkennbare Probleme“. 42 werden in der Kategorie „schwierig“ aufgeführt und 31 in der schlechtesten Kategorie „sehr ernst“. Fazit: Ähnlich wie im Vorjahr seien die Arbeitsbedingungen für Medienschaffende in rund 70 Prozent der Länder problematisch.

Auf den hintersten Plätzen der 180 Staaten umfassenden Rangliste landen Vietnam, China und Schlusslicht Nordkorea. Russland kommt wegen der fast völligen Unterdrückung unabhängiger Berichterstattung über seinen Angriffskrieg auf Rang 164, die Ukraine verbessert dagegen sich von Platz 106 auf 79. Russischer Einfluss macht sich laut Reporter ohne Grenzen auch negativ in manchen afrikanischen Staaten bemerkbar, etwa in Mali, Burkina Faso und der Zentralafrikanischen Republik. Generell warnte die Organisation davor, dass die gesamte Sahel-Region zu einer nachrichtenfreien Zone zu werden drohe.

Ganz vorne in der Liste steht zum siebten Mal in Folge Norwegen, danach folgt Irland, das Dänemark und Schweden nach mehreren Jahren auf die weiteren Plätze verwies. In Irland habe die Vielfalt auf dem Medienmarkt zuletzt zugenommen und ein neues Gesetz schütze Medienschaffende vor missbräuchlichen Klagen.

Von Alexander Riedel (KNA)