Der künftige oberste Glaubenshüter im Vatikan hält sich noch zurück mit einem Urteil über den Synodalen Weg.
Bonn – Der künftige oberste Glaubenshüter im Vatikan hält sich noch zurück mit einem Urteil über den Synodalen Weg. Er sei sehr interessiert daran, die Forderungen des Reformprozesses der katholischen Kirche in Deutschland kennenzulernen, sagte der argentinische Erzbischof Victor Fernandez im Interview des Online-Portals katholisch.de (Freitag). Eine Bewertung wolle er im Moment aber nicht abgeben: „Schließlich habe ich 12.000 Kilometer entfernt gelebt und noch nicht mit den Verantwortlichen gesprochen.“
In einem am Mittwoch verbreiteten Interview mit dem konservativen spanischen Portal „Infovaticana“ hatte sich der 60-jährige Erzbischof von La Plata ähnlich zurückhaltend zum Synodalen Weg geäußert. Bisher habe er sich auch wenig mit kircheninternen Streitfragen befasst. Auf den ersten Blick könne er sich aber bei aller Kritik nicht vorstellen, dass es an der deutschen Debatte nicht auch etwas Gutes gebe.
Zurückhaltend zum deutschen Reformprozess
Zugleich hatte er sich in dem Interview prinzipiell offen gezeigt für die kirchliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, die sich ja auch viele Katholiken in Deutschland wünschen. Wenn eine solche Segnung so gestaltet sei, dass sie keine Verwirrung bezüglich des wesentlichen Unterschieds zu einer Ehe von Mann und Frau stifte, dann müsse man sie prüfen und bestätigen, so Fernandez.
Der künftige oberste Glaubenshüter im Vatikan will auch mit innerkirchlichen Feinden des Papstes im Dialog bleiben. „Ich bin mir nie zu fein dafür, mit diesen Gruppen zu sprechen, um etwas zu klären“, sagte Fernandez im Interview mit katholisch.de: „Aber niemals würde es dem Papst oder mir einfallen, unsere Macht zu gebrauchen, um anderen das Leben schwer zu machen.“
Das Dikasterium für die Glaubenslehre entscheidet über Lehrfragen der katholischen Kirche und ist eine der wichtigsten der römischen Kurie. In früheren Zeiten hatte die Vatikanbehörde auch den Ruf, besonders streng mit Kritikern umzugehen, etwa mit Theologen, die abweichende Meinungen äußerten.
Nicht immer nur auf frühere Päpste schauen
Fernandez betonte zugleich, er wolle dem Lehramt von Papst Franziskus mehr Gewicht geben und nicht immer nur auf frühere Päpste und deren Aussagen schauen: „Manchmal hat man den Eindruck, dass sich bereits bekannte theologische Argumentationen unendlich lang wiederholen. Ganz so, als ob Franziskus nicht existieren würde, als ob er nichts habe verlauten lassen, als ob er nichts zu den auf dem Tisch liegenden Themen zu sagen habe“, so Fernandez: „Aber Franziskus hat schon so viel dazu beigetragen!“
Als besonders wichtig nannte der Erzbischof eine „Theologie im Dialog mit dem konkreten Leben der Menschen, mit ihrem Leiden, ihren Schicksalsschlägen und ihrer Hoffnung“.
Der 60-jährige Argentinier und bisherige Erzbischof von La Plata wird die Nachfolge von Kardinal Luis Ladaria als Leiter des sogenannten Dikasteriums für die Glaubenslehre Mitte September antreten. Die Vatikanbehörde entscheidet über Lehrfragen der katholischen Kirche und ist eine der wichtigsten der römischen Kurie.