Oberbürgermeister Bernd Tischler regt eine möglichst baldige Umbenennung der Kardinal-Hengsbach-Straße im Bottroper Prosper-Viertel an.
Oberbürgermeister Bernd Tischler regt eine möglichst baldige Umbenennung der Kardinal-Hengsbach-Straße im Bottroper Prosper-Viertel an. In der vergangenen Woche waren Missbrauchsvorwürfe gegen den Gründerbischof des Bistums Essen, Franz Kardinal Hengsbach, öffentlich geworden.
Auch nach Gesprächen mit dem Bottroper Stadtdechanten Dr. Jürgen Cleve möchte Oberbürgermeister Tischler schnell handeln und hat entsprechend das städtische Vermessungs- und Katasteramt beauftragt, einen Umbenennungsvorschlag für die zuständige Bezirksvertretung Mitte zu formulieren. Die entsprechende Vorlage soll voraussichtlich in die Sitzung am Donnerstag, 19. Oktober, eingebracht werden, teilte die Stadt am Montag mit.
Auch Gladbeck Platz umbenennen
Auch in der Nachbarstadt Gladbeck wird Bürgermeisterin Bettina Weist die Umbenennung des Kardinal-Hengsbach-Platzes im Stadtteil Zweckel auf die Tagesordnung des nächsten Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschuss (HFDA) am 16. Oktober setzen. „Ich bin erschüttert über die Anschuldigungen, die wir sehr ernst nehmen. Deshalb schlage ich vor, dass der Kardinal-Hengsbach-Platz in Zukunft einen anderen Namen tragen sollte“, sagte Bürgermeisterin Bettina Weist. Im Zuge des weiteren Vorgehens ist die Stadt Gladbeck bereits in Kontakt mit der katholischen Kirche in Gladbeck, um mögliche Namensvorschläge für diesen stadtbildprägenden Platz abzustimmen. Die endgültige Entscheidung über eine mögliche Umbenennung wird letztlich die Politik treffen.
Von der Umbenennung wären laut Stadtangaben nur wenige Anwohner betroffen, zudem das dort ansässige Sparkassen- und Ärztehaus, der katholische Kindergarten Herz-Jesu, die Herz-Jesu-Kirche sowie weitere Einrichtungen. 1996 war der Platz unmittelbar vor der Herz-Jesu-Kirche nach Kardinal Hengsbach umbenannt worden. Seither hatten alle kirchlichen Gebäude besagte Anschrift. Der Platz wurde erst 2005 in seiner heutigen Form erbaut. Er wurde 2006 nach Fertigstellung des Kreisverkehrs gemeinsam mit der neuen Sparkasse eingeweiht und um diesen Bereich erweitert.
Bereits am Mittwoch hatte sich Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen für eine Umbenennung des Kardinal-Hengsbach-Platzes ausgesprochen. Auch in Herne, wo Hengsbach vor seiner Bischofzeit als Pfarrer wirkte, gibt es eine Franz-Hengsbach-Straße. Hier soll sich zunächst der Ältestenrat in einer Sitzung nach den Herbstferien mit dem Thema beschäftigen, wie ein Stadtsprecher auf Anfrage erklärt. Die kleine Nebenstraße in der Nähe des Schloss Strünkede war 1994 nach Hengsbach benannt worden.
Hengsbach-Staue entfernt
Unterdessen ist in Essen die Statue des früheren Bischofs Franz Hengsbach (1910-1991) entfernt worden. Das Ruhrbistum hatte vorige Woche Missbrauchsvorwürfe gegen den Kardinal bekannt gemacht. Die Abbauarbeiten begannen am Montagmorgen um 7.00 Uhr und dauerten eine Stunde, wie ein Sprecher der Diözese sagte. Das Domkapitel hatte erst am Freitag in einer Sondersitzung die Entfernung der Skulptur am Essener Dom beschlossen.
Unterdessen teilte der aktuelle Essener Bischof Franz-Josef Overbeck mit, dass sich nach der der Veröffentlichung der Missbrauchsvorwürfe weitere Betroffene gemeldet hätten. “Aber ich weiß noch nicht, wie viele”, sagte er am Sonntagabend in der WDR-Sendung “Aktuelle Stunde”. Auch der Bistumssprecher nannte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) keine konkreten Zahlen.
Die Statue der Münsteraner Bildhauerin Silke Rehberg war erst im Oktober 2011 von Overbeck enthüllt worden. Das Domkapitel sprach sich laut Dompropst Thomas Zander dafür aus, statt der Skulptur einen Gedächtnisort für die Opfer sexuellen Missbrauchs zu schaffen. Das Domkapitel ist Hausherr des Domes und des umgebenden Platzes.
Künstlerin bedauert Abbau der Skulptur als voreilig
Rehberg bedauerte den Abbau der Skulptur als voreilig. Das Domkapitel habe auf Druck eine einsame Entscheidung getroffen, in die sie leider nicht einbezogen worden sei, sagte sie am Montag auf Anfrage der KNA. Zunächst hätte ein breite Diskussion darüber stattfinden sollen, wie man mit der Figur weiter hätte umgehen können. “Aus den Augen, aus dem Sinn” sei dagegen ein “sehr schwaches Zeichen”. Rehberg hatte vorige Woche vorgeschlagen, die Statue auf den Kopf zu stellen, da sich auch das Bild von Hengsbach ins Gegenteil verkehrt habe.
Rehberg will nach eigenen Worten aber keine rechtlichen Schritte gegen den Abbau der Statue ergreifen. Diese hätte zwar nicht ohne ihre Zustimmung verändert werden dürfen. Ihre Urheberrechte umfassten aber nicht das Wegräumen der Figur.
Hengsbach wird bisher Missbrauch in drei Fällen in den Jahren 1954 und 1967 vorgeworfen. Bekannt geworden waren die Vorwürfe im Bistum Essen 2011 und 2022. Die Veröffentlichung vor einigen Tagen führte zu erneuter Kritik am Aufklärungswillen der katholischen Kirche.