US-Juden misstrauen Trump

Donald Trump

Donald Trump (Foto: © Joe Sohm | dreamstime.com)

Donald Trump verlegte die US-Botschaft nach Jerusalem und akzeptierte die jüdischen Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten. Dennoch misstrauen viele jüdische Wähler Trump nicht über den Weg. Viele US-Juden misstrauen Trump.

Fünf Prozent der Stimmen sind mehr als die Differenz, mit der Kandidaten bei den US-Präsidentschaftswahlen gewöhnlich Florida gewinnen. Seit Jahrzehnten werden die 29 Wahlmänner hier mit deutlich geringeren Abständen an den Sieger vergeben; zuletzt 2016 mit weniger als einem Prozent. Was erklärt, warum Donald Trump die rund 650.000 jüdischen Wähler im Sonnenstaat ins Visier genommen hat.

Welche Bedeutung Florida hat

Obwohl mehr Juden in den von Demokraten dominierten Staaten New York und Kalifornien leben, haben Amerikaner jüdischen Glaubens laut Ira Sheskin vom „Jewish Demography Project“ der Universität Miami „nirgendwo mehr politischen Einfluss“ als im „Swing State“ Florida. Und sie wählen. 95 Prozent haben sich für die Wahl registrieren lassen, die Hälfte davon ist über 65.

Mehr als 80 Prozent von ihnen leben im Süden Floridas, eine beträchtliche Zahl in der Nachbarschaft der Präsidenten-Villa von Mar-a-Lago in Palm Beach. In Trumps Vorstellung verhalten sich Juden, wie er sich einmal beschwerte, „illoyal“ gegenüber ihrem Glauben, wenn sie Demokraten wählen. Denn kein Präsident habe „so viel für Israel getan“ wie er.

Was Donald Trump übersieht

Er übersieht dabei, dass die meisten Wähler jüdischen Glaubens sich in erster Linie als Amerikaner definieren, denen Israel so sehr am Herzen liegt wie US-Katholiken Rom. Für die Mehrheit steht die Nahost-Politik, wie das „Jewish Electorate Institute“ feststellt, weit hinter den Themen Pandemie-Krisenmanagement, Wirtschaft und Gesundheitsversorgung. Nur sechs Prozent halten das Thema Israel für besonders wichtig.

Für die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem bekam Trump vor allem Beifall von den evangelikalen Christen, die auch das sogenannte „Abraham-Abkommen“ zwischen Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain für wichtiger halten als die jüdischen Wähler. Frustriert hat den Präsidenten auch, dass seine allzu offenkundige Nähe zu Israels Premier Benjamin Netanyahu in dem jüdischen Wählersegment nichts bewegt.

Das sagen die Meinungsforscher

2019 ermittelte das Meinungsforschungsinstitut Pew, dass 42 Prozent der US-Juden Trumps offensive Parteinahme für Israel nicht gutheißen. Dass US-Juden „eine rechtsgerichtete US-Nahostpolitik unterstützen“, sei ein „totaler Mythos“, so der Präsident der liberalen jüdischen Organisation „JStreet“, Jeremy Ben-Ami.

Aktuell findet Trump nur nennenswerte Unterstützung bei den orthodoxen Juden. Doch die machen nur zehn Prozent der US-Juden aus. Zu wenig, um wahlentscheidend zu punkten. Daran ändern auch die 50 Millionen Dollar nicht, mit denen der jüdische Milliardär Sheldon G. Adelson Trump unter die Arme greift.

Warum viele US-Juden Trump misstrauen

Traditionell wählen amerikanische Juden Demokraten, die ihnen sozial- und gesellschaftspolitisch näher sind. Schon vor knapp 100 Jahren stimmten mehr als 70 Prozent für den unterlegenen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Al Smith, 82 Prozent votierten 1932 für Franklin D. Roosevelt. Und die jüdischen Stimmen für Demokraten steigerten sich in den 1940er-Jahren sogar auf über 90 Prozent. Der ehemalige New Yorker Bürgermeister Mike Bloomberg trägt seinen Teil dazu bei, dass es so bleibt. Er ließ für Joe Biden in Florida 100 Millionen Dollar springen. Ein Teil davon fließt in die Konsolidierung der jüdischen Stimmen.

Dort wiegt schwerer, was Trump als innenpolitisches Erbe hinterlässt: Wie eine Hypothek lastet auf dem Präsidenten der sprunghaft gestiegene Antisemitismus während seiner Amtszeit. Laut Anti-Defamation League sind antisemitische Übergriffe 2019 um 56 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Zwei Drittel der US-Juden geben an, sich unter dem Präsidenten, der sich von seinen medialen Unterstützern als „der Auserwählte“ und „König von Israel“ feiern lässt, weniger sicher zu fühlen, als noch vor einem Jahrzehnt.

Von Thomas Spang (KNA)