Die Verbandsgemeinde Altenahr in Rheinland-Pfalz bittet Bund und Land in einem offenen Brief eindringlich um mehr Hilfe in der Flutkatastrophe.
Altenahr – Die Verbandsgemeinde Altenahr in Rheinland-Pfalz bittet Bund und Land in einem offenen Brief eindringlich um mehr Hilfe in der Flutkatastrophe. In dem am Dienstag veröffentlichten Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) fordert die Verbandsgemeinde unter anderem einen Sonderbeauftragten für den Wiederaufbau des Ahrtals
Hilfen im Ahrtal seien „nicht ansatzweise“ ausreichend
Dieses Amt solle weitreichende Kompetenzen erhalten und öffentliche und private Hilfen koordinieren. Der Sonderbeauftragte müsse einen Plan zum Wiederaufbau entwickeln und die Umsetzung leiten. Das Schreiben datiert auf den 31. Juli und ist von der Altenahrer Bürgermeisterin Cornelia Weigand, Malteser-Großkanzler Albrecht Freiherr von Boeselager und 13 Ortsbürgermeistern im Ahrtal unterzeichnet.
Das Ausmaß der Zerstörung mache deutlich, dass die bisherigen Hilfen und deren Organisation “nicht ansatzweise ausreichen werden”, heißt es in dem Schreiben. “Die Flutkatastrophe hat mit Toten, vielen Verletzten und unvorstellbaren Zerstörungen unermessliches Leid über das Ahrtal gebracht.” Infrastruktur, Stromversorgung, Abwasserentsorgung und Frischwasserzuleitung, Straßennetz und Gewässernetz seien zerstört. Jeden Tag steige die Gefahr von Seuchen und Krankheiten, da in weiten Teilen keine Versorgung mit Frischwasser und Entsorgung von Abwasser funktioniere.
Traumabewältigung muss her
Die Verbandsgemeinde nennt zehn Punkte, die für den Wiederaufbau, eine Bewältigung der Katastrophe und eine Perspektive im Ahrtal wichtig seien. Kurzfristig brauche die Region etwa verlässliche Zusagen, wann Strom, Wasser, Abwasser und Heizung wieder funktionierten. Auch die Verkehrsinfrastruktur müsse rasch aufgebaut werden. Schulen und Kitas müssten ersetzt oder neugebaut werden. Langfristig brauche es Sicherheit gegen künftige Hochwasser, ein gutes Frühwarnsystem und funktionierenden Katastrophenschutz. Die Infrastruktur müsse zudem hochwassertauglich gebaut werden.
Wichtig seien auch Hilfen dabei, das Trauma zu verarbeiten. “Ein Programm zur Traumabewältigung muss her. Die schrecklichen Bilder werden uns bis ans Lebensende begleiten”, heißt es.
Dreyer: Wiederaufbau erfordert Bundesgesetz in der Sommerpause
Nach Einschätzung der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) erfordert ein rascher Wiederaufbau in den Gebieten der Flutkatastrophe ein Bundesgesetz “noch in Sommerpause”. Es sei wichtig, den nationalen Aufbaufonds schnell auf den Weg zu bringen, betonte Dreyer am Freitag in Mainz. Sie begrüße Pläne, möglichst noch im August in einer Sondersitzung des Bundestages zu einer Entscheidung zu kommen. Jeder Tag zähle. “Wir brauchen schnell Klarheit darüber, wie das Geld bei den Betroffenen in den Katastrophengebieten verlässlich ankommt.”
Nach einer Schätzung der Schäden solle die Ministerpräsidenten-Konferenz am 10. August einen Beschluss fassen, so Dreyer. Anschließend könnten Bundestag und Bundesrat ein Aufbauhilfegesetz zügig beschließen. Zum Umfang der Schäden sagte die Ministerpräsidentin: “Nach den ersten groben Schätzungen aller Beteiligten gehen die Schäden in die Milliarden und dürften höher liegen als beim Oder-Hochwasser.”
Nötig sei daher eine Beteiligung aller Länder an dem Wiederaufbaufonds. Eine nationale Katastrophe erfordere eine nationale Kraftanstrengung. Eine vergleichbare Situation habe man auch beim Oder-Hochwasser 2013 erlebt. “Das wird ein langer Weg. Wir werden beim Wiederaufbau einen langen Atem brauchen, um zerstörte Häuser, Straßen und Brücken wiederherzustellen”, betonte Dreyer und fügte hinzu: “Wir wollen den Menschen ihre Heimat zurückzugeben.”
Staatsanwaltschaft: Mailpostfach für Hinweise zu Flutkatastrophe im Ahrtal
Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat für Hinweise aus der Bevölkerung zur Unwetterkatastrophe im Ahrtal ein eigenes E-Mail-Postfach eingerichtet. Diese Mailadresse lautet unwetter.stako@genstako.jm.rlp.de, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag mitteilte. Sie hatte am Montag bekanntgegeben, dass sie die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung prüft. Grund seien “möglicherweise unterlassene oder verspätete Warnungen oder Evakuierungen der Bevölkerung”.
Nach dieser Pressemitteilung vom Montag seien “teils wertvolle Hinweise zum Ablauf und zur Bewertung der Ereignisse” eingegangen, betonte die Strafverfolgungsbehörde am Dienstag. Um deren geordnete Bearbeitung und zügige Einbeziehung in die laufende Prüfung zu gewährleisten, sei das gesonderte Mailpostfach eingerichtet worden. Die Staatsanwaltschaft bat darum, Hinweise zur Unwetterkatastrophe “ausschließlich dorthin zu richten”. Leider sei es bis auf Weiteres nicht möglich, solche Hinweise per Telefon entgegenzunehmen, “da die damit verbundene Notwendigkeit einer Verschriftung den Ablauf der stattfindenden Prüfung empfindlich zu stören droht”.