Katholische Krankenhäuser vor Fusion?

Im nördlichen Ruhrgebiet bahnt sich der Zusammenschluss zwei großer Krankenhausträger an: Die St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH (SAG) und das Katholische Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH (KKRN) prüfen nach eigenen Angaben derzeit ein „gemeinsames Zukunftsszenario“.
Im nördlichen Ruhrgebiet bahnt sich der Zusammenschluss zwei großer Krankenhausträger an: Die St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH (SAG) und das Katholische Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH (KKRN) prüfen nach eigenen Angaben derzeit ein „gemeinsames Zukunftsszenario“.

Das Sankt Marien Hospital in Gelsenkirchen-Buer –Foto: SAG

Im nördlichen Ruhrgebiet bahnt sich der Zusammenschluss zwei großer Krankenhausträger an: Die St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH (SAG) und das Katholische Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH (KKRN) prüfen nach eigenen Angaben derzeit ein „gemeinsames Zukunftsszenario“.

Die St. Augustinus Gelsenkirchen GmbH ist ein katholischer Leistungsverbund für Medizin, Pflege und Pädagogik, der rund 4.500 Fachkräfte an insgesamt fünfzehn Standorten in den Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop-Kirchhellen zählt und damit einer der größten Krankenhausbetreiber der Region. Die KKRN gilt mit ihren vier Betriebsstätten und 29 medizinischen Fachabteilungen in Dorsten, Haltern, Marl und Westerholt als größte Klinikgesellschaft im nördlichen Ruhrgebiet mit rund 3.000 Mitarbeitern. Zusammen kämen die Unternehmen ein Jahresbilanzvolumen von rund 500 Millionen Euro.

Bereits seit Anfang dieses Jahres werden Gespräche geführt, am Dienstagnachmittag nun wurden auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das Vorhaben informiert. Nach Ansicht der Aufsichtsratsvorsitzenden und der Geschäftsführungen könnte „in einer Verbundzukunft“ von KKRN und SAG die Chance bestehen, „als Leistungsverbund das Ruhrgebiet und Westfalen als Versorger miteinander eng zu verzahnen“. Zugleich könnte so auch die Attraktivität als Arbeitgeber gesteigert werde, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

„Finale Beschlussfassung“ noch 2022

SAG und KKRN eine das Ziel, „durch mögliche Spezialisierungen und die Optimierung der Leistungserbringung eine ortsnahe, bedarfsgerechte, leistungsfähige, qualitativ hochwertige und wirtschaftliche Versorgung von Patientinnen und Patienten sicherzustellen und auch zukünftig als konfessionelle Träger strukturiert im Wettbewerb agieren zu können“. Die Gespräche der Unternehmen werden in den nächsten Wochen intensiviert. Ziel sei eine „finale Beschlussfassung der möglichen Zusammenarbeit“ noch im vierten Quartal 2022 durch die Gremien beider Unternehmen. Es gehe darum „Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern und eine konfessionelle, katholische Krankenhausstruktur in der Region zu erhalten“, erklärte SAG-Pressesprecher Wolfgang Heinberg. Er betonte: „Noch ist nichts entschieden.“

Beide Krankenhausverbünde sind in den vergangenen Jahren mehrfach gewachsen. Zuletzt hatte St. Augustinus zum Jahresbeginn 2018 die finanziell angeschlagen Katholischen Kliniken Emscher-Lippe GmbH (KKEL) übernommen. Ein Zusammengehen von SAG (Bistum Essen) und KKNR (Bistum Münster) wäre nun der erste Zusammenschluss zweier katholischer Krankenhausträger im Ruhrgebiet über die jeweiligen Bistumsgrenzen hinweg.

Kostendruck steigt

Im August dieses Jahres fiel der Startschuss für die praktische Umsetzung des neuen Krankenhausplan NRW 2022, der alle Krankenhausträger im Bundesland vor Herausforderungen stellt. Der Kostendruck auf die Unternehmen wächst weiter. Erst Ende der zergangenen Woche hat der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd) einen finanziellen Inflationsausgleich für alle Krankenhäuser gefordert. Durch die rasant steigenden Kosten für Energie, Waren und Dienstleistungen kämen immer mehr Kliniken finanziell an ihr Limit, so der Verband. Wenn die Politik nicht schnell handele, drohe im Herbst eine Versorgungskrise im Krankenhausbereich.

Die Bundesregierung muss endlich handeln. Die Krankenhäuser müssen derzeit explodierende Kosten für Gas und Energie, aber auch für Medikamente, Hygienemittel, Verbrauchsmaterialien für Pflege und Operationen sowie Dienstleistungen stemmen. Dabei stehen die Häuser mit dem Rücken zur Wand, da sie diese enormen Preissteigerungen nicht auf die Kostenträger umlegen können“, erklärte kkvd-Geschäftsführerin Bernadette Rümmelin. 

Für freigemeinnützige Kliniken komme hinzu, dass anders als bei öffentlichen Krankenhäusern mögliche Liquiditäts- und Finanzierungslücken in der Bilanz am Ende nicht über die kommunalen Haushalte aufgefangen werden. „Schnell und unbürokratisch wäre ein Aufschlag von rund vier Prozent auf jede Krankenhausrechnung bei allen Kliniken, der vom Bund finanziert und von den Krankenkassen ausgezahlt wird“, so Rümmelin.

Für den Herbst wird derzeit eine Inflationsrate von bis zu zehn Prozent vorhergesagt. Die Kliniken können für ihre Leistungen im Fallpauschalen-System nur Festpreise verlangen. Für das Jahr 2022 ist hier lediglich eine Steigerung von 2,32 Prozent für die Kliniken vorgesehen. Für das Jahr 2023 geht die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) davon aus, dass die Kliniken insgesamt mit einer finanziellen Unterdeckung von 10 Milliarden Euro konfrontiert sein werden.

Versorgungskrise im Krankenhausbereich droht

„Bekommen die Kliniken hier nicht schnell Planungssicherheit, liegt ein sehr schwieriger Herbst vor uns. Auf den Krankenhausstationen sind die Folgen der Pandemie unvermindert zu spüren und eine weitere Corona-Infektionswelle im Herbst ist nicht ausgeschlossen. Das Personal in den Krankenhäusern ist dauerüberlastet“, so Rümmelin. Wenn sich nun Personalmangel und finanzielle Gründe kumulierten, führe dies zwangsläufig zu einer Versorgungskrise im Krankenhausbereich. „Kliniken müssen dann Stationen zeitweise schließen und ihr Versorgungsangebote deutlich zurückfahren“, sagte die Geschäftsführerin. Es dürfe nicht zu einer „Versorgungskrise“ kommen.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, die Spitzenverbände und die 16 Landeskrankenhausgesellschaften treten derzeit gemeinsam an die Öffentlichkeit, um auf die prekäre wirtschaftliche Lage vieler Krankenhäuser vor dem Hintergrund von Inflation und Pandemie aufmerksam zu machen. Unter dem Motto „Alarmstufe Rot: Krankenhäuser in Gefahr“ finden bis zum 29. September unterschiedliche Aktionen in allen Bundesländern statt. „Wir unterstützen diese Kampagne ausdrücklich“ erklärte SAG-Pressesprecher Wolfgang Heinberg.