Kardinal Müller verteidigt Koch

Der von Papst Franziskus entmachtete ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, weist Kritik an Schweizer Kardinal Koch zurück und wirft den deutschen Bischöfen wirft er „deutsche Präpotenz und Arroganz“.
Kardinal Müller (Foto: Heselmann)

Kardinal Müller (Foto: Heselmann)

Ob es um die Verbreitung von Verschwörungserzählungen oder missratene historische Vergleiche – der von Papst Franziskus entmachtete ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, sorgt mit seinen Wortmeldungen immer wieder für Negativschlagzeilen. So hatten er  im Herbst 2021 erklärt, die Corona-Pandemie werde dazu genutzt, die Menschen „gleichzuschalten“. Nun hat er Partei für den Schweizer Kardinal Koch ergriffen. Die Kritik an Kochs jüngsten NS-Vergleich wertet Müller als „verlogene Verleumdungswelle“.

Kardinal Müller: „Durch und durch verlogene Verleumdungswelle gegen Kurienkardinal Kurt Koch“

Kardinal Koch hatte in einem Interview das Reformvorhaben Synodaler Weg in einen argumentativen Zusammenhang mit den Deutschen Christen gebracht, die in den 1930er-Jahren den Protestantismus in Deutschland an die Ideologie des Nationalsozialismus hatten angleichen wollten. Innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche waren diese Ausführungen auf Unverständnis und Widerspruch gestoßen. So hatte auch der Augsburger Historiker Dietmar Süß hatte dem Schweizer „bewusste Provokation“ vorgeworfen. Man könne das entsprechende Interview „nicht anders lesen“, sagte der ausgewiesene Experte für NS-Geschichte und Erinnerungskultur. Auch wenn Koch versuche, „den Eindruck im Nachhinein zu verwischen“. Der Versuch, Ähnlichkeiten zwischen gegenwärtigen innerkirchlichen Kontroversen und der Rolle der „Deutschen Christen“ im Dritten Reich herzustellen, sei „zutiefst denunziatorisch“, so der Lehrstuhlinhaber. „Es gibt wahrlich keinen Grund, weshalb sich der Kurienkardinal am Ende als Opfer fühlen müsste“, sagte Süß.

Für Kardinal Müller aber steht dennoch fest: „Anstatt nach dem Motto ‚Haltet den Dieb!‘ eine durch und durch verlogene Verleumdungswelle gegen Kurienkardinal Kurt Koch loszutreten, wäre es ehrlicher gewesen, sich in Rom mit seinen Argumenten auseinanderzusetzen, was aber – die beleidigte Leberwurst spielend – von ihren Betreibern mangels fachlicher Kompetenz peinlichst vermieden wurde“, schreibt Müller in einem Beitrag für das rechtskatholische Internetportal kath.net.

„Typisch deutscher Präpotenz und Arroganz“

Auch Müller vereinnahmt die These der Barmer Theologische Erklärung (1934) gegen die sogenannten „Deutschen Christen“, die der NS-Ideologie nahestanden, um sie gegen den Synodalen Weg zu wenden. So zitiert er aus der Erklärung, in der es auf den damals konkreten historischen Bezugsrahmen heißt: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.“ Vor zwei Jahren bereits sorgte Müller für Aufsehen, als er in Reaktion auf die erste Versammlung des Synodalen Wegs der römisch-katholischen Kirche, das Verfahren bei der konstituierenden Versammlung mit dem Ermächtigungsgesetz des Deutschen Reichstags von 1933 zu vergleichen.

Dem Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing warf Müller vor, dieser beharrte „stur auf seiner Forderung der Frauenordination, als ob die Glaubenslehre der Kirche nicht von objektiven Kriterien abgeleitet werden müsste, sondern sich am Ende aus dem längeren Atem der sie unentwegt Fordernden ergäbe“. Andere Bischöfe beharrten „in typisch deutscher Präpotenz und Arroganz“ auf dem „Weg in den Abgrund“. Zugleich kritisierte Müller das neue kirchliches Arbeitsrecht, dass die deutschen Diözesanbischöfe, darunter der erzkonservative Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, zu Wochenbeginn beschlossen hatten. Die Bischöfe, so Müller, hätten dieses „im vollkommenen Gegensatz zur christlichen Anthropologie in die Richtung des atheistisch-materialistischen Menschenbildes der LGBT-Ideologie gedreht“.

Der in Berlin lehrende katholische Theologe Georg Essen kritisierte Müllers Einlassungen scharf. „Ideologen wie er bringen die katholische Kirche an die Grenze ihrer Eucharistiefähigkeit. Was für ein hassverzerrter und verunglimpfender Unsinn“, schrieb er am Sonntag auf Twitter.

rwm

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