Selenskyj pocht auf „spirituelle Unabhängigkeit“ von Russland

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Abtrennung der orthodoxen Kirche seines Landes von Russland durchsetzen. 
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Abtrennung der orthodoxen Kirche seines Landes von Russland durchsetzen. 

ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi – Foto: rwm

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will die Abtrennung der orthodoxen Kirche seines Landes von Russland durchsetzen. Er habe eine Sitzung zur „spirituellen Unabhängigkeit der Ukraine“ abgehalten, sagte er am Donnerstagabend in einer Videobotschaft an seine Landsleute. „Wir setzen die Arbeit daran fort und werden neue Schritte unternehmen“, so Selenskyj.

„Es liegt auf der Hand, dass es keine wirkliche spirituellen Beziehungen zu einem terroristischen Staat und zu denen geben kann, die Mord, Mord an Ukrainern, rechtfertigen und das Böse decken.“ Das werde durch jeden Tag und jede Nacht russischen Terrors bewiesen, erklärte er. Die Ukraine werde jenen Punkt erreichen, an dem alle Abhängigkeiten von Russland zerstört seien.

Nähere Einzelheiten nannte der Präsident nicht. Es ist jedoch klar, dass sich seine Aussage gegen die traditionell enge Verbindung der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) mit dem orthodoxen Moskauer Patriarchat richtet. Die Staatsführung in Kiew sieht in der UOK prorussische Kräfte am Werk. Ukrainische Gerichte verurteilten bereits etwa ein halbes Dutzend Priester wegen Kollaboration mit russischen Besatzungstruppen oder Spionage für Moskau.

Die Kirchenleitung der UOK protestierte allerdings scharf gegen Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Sie sagte sich im Mai 2022 vom Moskauer Patriarchat los und sammelt Spenden für die ukrainische Armee. Die Regierung unterstützt dennoch nur eine andere orthodoxe Kirche: die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I., gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU).

Selenskyj hatte bereits im Dezember ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Tätigkeit von Glaubensgemeinschaften unmöglich machen soll, „die mit Einflusszentren in der Russischen Föderation verbunden sind“. Die Beratungen im Parlament darüber dauern noch an. Seit Herbst geht der Inlandsgeheimdienst massiv gegen die Ukrainische Orthodoxe Kirche vor. Er durchsuchte das Kiewer Höhlenkloster und andere Heiligtümer. Kulturminister Olexandr Tkatschenko nahm der UOK bereits die Hauptkathedrale des berühmten Klosters weg.

Die riesige Klosteranlage gehört dem Staat. Die UOK nutzt dort weiter andere Kirchen und Gebäude, obwohl die Regierung sie aufgefordert hatte, auch diese zu räumen. Der Nutzungsvertrag hierfür wurde zum 29. März gekündigt. Der Streit wird nun vor einem Gericht ausgetragen. Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte äußerte sich bereits besorgt über das Vorgehen der ukrainischen Behörden gegen die UOK. Ende März hieß es in einem Bericht zur dortigen Menschenrechtslage, „dass die gegen die UOK gerichteten offiziellen Maßnahmen diskriminierend sein könnten“.

Jede Verbindung mit dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., gilt für die meisten Ukrainerinnen und Ukrainer als verwerflich, weil dieser ein wichtiger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist. In Gottesdiensten forderte der Moskauer Patriarch seine Landsleute wiederholt auf, die russische Armee in der Ukraine zu unterstützen. Zudem versprach Kyrill russischen Soldaten, sie würden von all ihren Sünden reingewaschen, wenn sie im Krieg fallen.

Von Oliver Hinz (KNA)