Eine Sondergenehmigung für verheiratete Priester könnten Bischöfe jederzeit beantragen. Das sollten sie auch, meint der Kirchenhistoriker Hubert Wolf. Theologisch sieht er keine Fallstricke, sondern eine lange Tradition.
Zürich – Die katholische Kirche könnte verheiratete Männer zu Priestern weihen – und sogar geweihten Priestern die Ehe erlauben: Das betont der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf. Das Modell der Diakonweihe müsste dafür auf die Priesterweihe ausgeweitet werden, sagte er im Interview des Portals kath.ch am Wochenende. Zu Diakonen können verheiratete Männer in der katholischen Kirche bereits geweiht werden.
Bischöfe können bei pastoraler Not um ein Indult bitten
Komplizierter sei es, wenn bereits Geweihte darum bäten, heiraten zu dürfen. Für solche Fälle bräuchte es eine Ausnahmegenehmigung für Einzelpersonen, ein Indult, also einen Gnadenerweis für eine Kirchenprovinz oder eine Diözese – oder eine generelle Regelung für die Weltkirche. Für letzteres „müsste der Papst das Kirchenrecht grundsätzlich ändern“, erklärte der Wissenschaftler.
Schon jetzt könnten Bischöfe etwa bei pastoraler Not um ein Indult bitten, also konkret darum, „dass sie für ihre Kirchenprovinz jenseits von Einzelfällen generell von der verbindenden kirchenrechtlichen Verpflichtung zum Zölibat für Priester freigestellt werden möchten, so dass es künftig verheiratete und zölibatäre Priester in der Schweiz geben kann und die Bischöfe sowohl verheiratete Männer zu Priestern weihen können als auch gegebenenfalls geweihte Priester zum Ehesakrament zulassen.“ Wenn die Bischöfe dies nicht täten, „müssen sie auch nicht jammern“, so Wolf.
Wolf Ständige Diakone und Pastoralreferenten weihen
80 Prozent der Bischöfe hätten bei der Amazonas-Synode dafür gestimmt. „Dann müssten doch jetzt 80 Prozent dieser Bischöfe genau dies tun – also um ein Indult für die Weihe verheirateter Männer bitten.“ In einem ersten Schritt könnten hierzulande etwa ständige Diakone und Pastoralreferenten geweiht werden. „Die Bischöfe müssen ihren Job machen“, mahnte Wolf.
Wenn dies nicht geschehe, würden in Deutschland und auch in der Schweiz immer mehr Pfarreien zusammengelegt. „Das ist dramatisch“, sagte der Kirchenhistoriker, denn dadurch gehe die Verbindung von Seelsorge und Sakramentalität immer mehr verloren. „Die immer wieder eingeschärfte Sonntagspflicht hat als Kehrseite ein Recht der Gläubigen auf eine Eucharistiefeier in ihrer Kirche. Und der Bischof hat gefälligst dafür zu sorgen, dass das möglich wird. Wenn nicht, würde ich von einer strukturellen Sünde unserer Kirche sprechen.“